Netanjahu legt neue Bauprojekte im Westjordanland auf Eis – Heftige Kritik in der eigenen Regierungskoalition, USA begrüßen den Schritt
Jerusalem. Die Einstellung des Siedlungsbaus im besetzten Westjordanland ist die erste und schwerste Forderung des Westens an Israel. Ausgerechnet Benjamin Netanjahu scheint dieser Forderung erstmals nachgekommen zu sein, will das aber aus Angst vor seinen rechten Koalitionspartnern nicht offen zugeben.
Zwei Streitpunkte bildeten den Kern der Spannungen in den Beziehungen zwischen den USA und Israel. Washington forderte von Premier Benjamin Netanjahu die Anerkennung einer Zwei-Staaten Lösung und einen völligen Baustopp der Siedlungen im Westjordanland, das 1967 von Israel erobert wurde. Die Palästinenser wollen hier ihren Staat errichten. Der internationale Nahost-Friedensplan, die Road Map, schließt sich dieser Forderung an. Netanjahu, der als Vertreter der Hardliner ins Amt gewählt wurde, scheint inzwischen beiden Forderungen nachgekommen zu sein. Im Juni akzeptierte er offiziell das Konzept eines Palästinenserstaates. Jetzt wird klar, dass er ein Moratorium über den Siedlungsbau verhängt hat.
Die geheime Entscheidung wurde laut der Nachrichtenseite YNET im kleinsten Rahmen beschlossen, ohne dem Kabinett vorgelegt zu werden. Demnach haben Bauminister Ariel Attias, Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak bis Anfang 2010 einen völligen Baustopp in den Siedlungen angeordnet. Dies solle die Eröffnung eines diplomatischen Prozesses mit den Palästinensern der arabischen Welt erleichtern. Bauminister Attias bestätigte: „Seit meinem Amtsantritt hat die Regierung keine Bauprojekte im Westjordanland ausgeschrieben.” US-Präsident Obama reagierte prompt. Er erkenne, dass Israel sich „in die richtige Richtung” bewege. Er sei „angesichts der Entwicklungen vor Ort ermutigt”.
In Netanjahus Koalition lösten die Berichte einen Aufruhr aus. Sprecher der ultra-nationalen „Israel Beiteinu” Partei, Netanjahus größter Partner, drohten mit dem Bruch, falls sich die Berichte bestätigen sollten. Attias versuchte umgehend die Wogen zu glätten. Es sei kein Baustopp beschlossen worden, man habe nur eine „Pause” eingelegt, bis die Angelegenheit mit Washington geklärt sei. Doch die Siedlerführung ist empört. Attias, der eigentlich der rechtslastigen und ultra-religiösen Schas Partei angehört, wird bereits in der eigenen Partei als „linker Kollaborateur mit Kippa” beschimpft. Wenn Netanjahu jetzt die Politik der Linken betreibe, „dann sind die Tage seiner Regierung gezählt”, sagte Ron Nachman, Bürgermeister der größten Siedlerstadt Ariel.