Essen. Im Tarifstreit um die städtischen Kindertagesstätten deutet sich eine Einigung an. Die Streiks der Mitarbeiter gehen aber am Mittwoch weiter - am nun elften Tag. Eltern fordern unterdessen Beiträge zurück. Die meisten Kommunen weigern sich.
Duisburg hat zwar bereits zugesagt, ab dem fünften Streiktag tageweise Beiträge zu erstatten, Essen und Bochum prüfen das ebenfalls für sich. Doch die meisten anderen Kommunen zwischen Düsseldorf und Hagen beschränken sich auf die Erstattung von Essensgeld für die Streiktage.
Gut drei Wochen nach Beginn der Streiks in den städtischen Kindertagesstätten sind sich Gewerkschaften und Arbeitgeber in einer neuen Verhandlungsrunde näher gekommen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) legte nach Angaben der Gewerkschaft Verdi am Dienstag in Frankfurt am Main ein neues Angebot vor. Ein Durchbruch in den Gesprächen sei jedoch noch nicht in Sicht, sagte eine Verdi-Sprecherin am Abend. Die Streiks gingen weiter.
Keine generelle Regelung
Eine generelle Regelung zum Umgang mit Betreuungsbeiträgen bei Streiks gibt es nicht. Weder der Deutsche Städtetag noch die drei Bezirksregierungen der Region – Arnsberg, Düsseldorf und Münster – sehen sich im Stande, Empfehlungen abzugeben. Auch der Kommunale Arbeitgeberverband nicht. Das Problem: Jede Stadt stellt ihre eigene Satzung zu Elternbeiträgen zur Betreuung in Kindertageseinrichtigungen auf. Jede ist anders formuliert.
Die Stadt Essen etwa hat in ihrer Satzung keinen Passus gefunden, der eine Interpretation zulässt. Deshalb wurde das Problem gestern im Fachausschuss diskutiert, wird der Rat wohl entscheiden müssen. Die Stadt Bochum indes lässt vom Rechtsamt prüfen. „Wir rechnen in einigen Tagen mit dem Ergebnis”, kündigt Stadtsprecher Thoma Sprenger an.
Dortmund: Wir zahlen nichts zurück
Und die Stadtverwaltung Dortmund stellt klar: Wir zahlen nichts zurück. Weil in der Satzung ausdrücklich von „Unterbrechungen, die von der Stadt nicht zu vertreten sind, insbesondere durch Betriebsstörungen” die Rede ist, in denen Zahlungspflicht bestehe. Andere Städte argumentieren mit „höherer Gewalt”. Immerhin erstatten die meisten das Essensgeld.
Auch Gelsenkirchen, Oberhausen und Düsseldorf wollen die vollen Betreuungsbeiträge einbehalten. Schon allein, weil es viel zu kompliziert sei, die Einzelbeträge zu errechnen. „Das wäre ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand angesichts der sehr individuell gestalteten Beiträge”, erklärt Düsseldorfs Stadtsprecher. Die ersparten Beträge kämen den Kita-Etats direkt zugute. Übrigens: In Düsseldorf ist der Kita-Besuch ab August für alle Kinder ab drei Jahren generell gebührenfrei.
Ins Rechnen kommen all die betroffenen Eltern, die in diesen Tagen für die Betreuung ihrer Kinder doppelt bezahlen: an die Stadt für die Kita-Betreuung, die mittlerweile an bis zu zehn Streiktagen nicht stattgefunden hat. Und sie bezahlen all die Ersatz-Babysitter, die nicht Oma heißen und nicht kostenlos zu haben sind.
Gerechnet wird ohnehin
Ernst Temma, betroffener Vater aus Bottrop: „Die Städte reden sich mit höherer Gewalt raus. Aber das hat doch nichts mit höherer Gewalt zu tun. Außerdem: Den Erzieherinnen werden die Streiktage doch vom Gehalt abgezogen. Da muss auch gerechnet werden.”Je nach gebuchten Betreuungssstunden und Einkommen geht es um stattliche Beträge: Bis zu 700 Euro müssen einkommensstarke Eltern für 45 Stunden Betreuung zahlen. Bei 25 Stunden je Woche, Kindern unter drei und 50 000 € Brutto-Einkommen sind es im Schnitt 100 und 130 Euro.
Gebührenvergleich der Städte
Die Gebührenstaffel legt nämlich jede Kommune selbst fest. Entsprechend unterschiedlich sind die Kurse. Bei einem Familien-Brutto-Jahreseinkommen von 40 000 bis 50 000 Euro etwa verlangt Düsseldorf für Kinder über drei Jahre bei bis zu 25 Stunden Betreuung je Woche 35 Euro im Monat. Für die gleiche Leistung berechnet die Stadt Dortmund 56 Euro, die Stadt Essen 73 Euro, Oberhausen 74 Euro, Gelsenkirchen 78 Euro, Duisburg 84 Euro. Bei Kindern unter drei bzw. zwei Jahren - je nacht Stadt - verdoppelt sich der Betrag bei gleicher Betreuungszeit und gleichem Einkommen nahezu.
Dabei gestalten die Städte auch die Einkommenstufen sehr unterschiedlich. In Duisburg gilt ab 75 000 Euro Familieneinkommen der gleiche Beitrag für alle, Dortmund hat sogar noch eine Kategorie für jene mit mehr als 160 000 Euro Familieneinkommen. Der teuerste denkbare Beitrag wird in Gelsenkirchen - sicher nicht häufig - erhoben: 770 Euro würden für die Betreuung für ein Kind unter zwei Jahren über mehr als 45 Stunden je Woche fällig für eine Familie mit mehr als 125 000 Euro Jahreseinkommen.