Essen. Die Banken verlangen für Darlehen immer härtere Sparkonzepte. Handel und Industrie befürchten eine Pleite- und Entlassungswelle im Spätsommer. Helfen könnte der Deutschlandfonds, doch selbst mit Bürgschaft scheuen viele Banken die Kreditvergabe.
Wenn die Aufträge ausbleiben und mit ihnen die laufenden Einnahmen, sieht ein Firmenkonto schnell rot. Die Bank spricht dann von einem „Liquiditätsproblem”. Zu deutsch: das Unternehmen ist nicht mehr flüssig. In einer schweren Krise wie der aktuellen sind solche Engpässe kaum zu vermeiden. Umso mehr sind Unternehmen darauf angewiesen, dass ihre Hausbank ihnen mit neuen Krediten durch die Auftragsflaute hilft. Doch genau das gestaltet sich zunehmend schwierig.
Handel und Industrie klagen unisono über höhere Hürden und Zinsen für neue Kredite. Oder über komplett abgedrehte Geldhähne. „Die Gefahr einer Finanzklemme ist keineswegs gebannt, spätestens im Spätsommer könnte es dazu kommen”, warnt Anton Börner, Chef des Groß- und Außenhandelsverbands. Auch aus Sicht der IG Metall stellt sich im Sommer für viele Betriebe die Existenzfrage. In NRW beschuldigt die Gewerkschaft die Banken sogar, Entlassungen als Bedingung für neue Kredite zu fordern.
„Fast alle haben Schwierigkeiten, an Kredite zu kommen”
Besonders hart trifft es derzeit Metallunternehmen. Von Auftragsrückgängen um bis zu 65 Prozent berichtet etwa der Essener Unternehmensverband Metall/Elektro. „Fast alle haben Schwierigkeiten, an Kredite zu kommen”, so ein Sprecher. Ihm sei nicht bekannt, dass Banken offen Entlassungen fordern. Aber natürlich verlangten sie Einsparungen, und die seien oft nur durch Personalabbau machbar. Ein Mittelständler, der vor der Krise „richtig gut verdient hat”, müsse deshalb nun jeden zweiten Mitarbeiter entlassen.
Laut IG Metall haben Unternehmen mit Banken aller Sparten Probleme, auch mit öffentlich-rechtlichen, wenngleich seltener. In einem Fall habe eine Sparkasse die Kreditverlängerung verweigert, obwohl die für den Bund tätige Prüfungsgesellschaft PwC das Konzept als bürgschaftswürdig eingestuft hat. Der Gewerkschaft zufolge habe sich herausgestellt, dass ein örtlicher Konkurrent das Unternehmen gern aus einer Insolvenz heraus und somit günstiger kaufen würde. Die Bank hielt das offenbar auch für einen guten Plan und hätte die Insolvenz ihres anderen Kunden in Kauf genommen, so der Vorwurf.
Arbeitgeberverband beschäftigt Krisenberater
Der Arbeitgeberverband Metall NRW beschäftigt seit April eigens für solche Unternehmen einen Krisenberater. Markus Ankel unterstützt zurzeit mehr als 20 Firmen in ihren Verhandlungen mit den Banken. „Die Banken prüfen kritischer. Neue Darlehen gibt es nur gegen ein Konzept”, sagt er. Ankel sieht darin aber keine Schikane, sondern die Pflicht der Banken. Die Vorschriften des Basel-II-Abkommens verpflichten sie dazu, Kredite mit genügend Eigenkapital zu hinterlegen.Wenn wie derzeit das Pleiterisiko steigt, müssen die Banken das berücksichtigen. Ähnlich verteidigte der Bankenverband unlängst, dass trotz historisch niedriger Leitzinsen die Kreditzinsen steigen.
Tatsächlich sind auch die Vorgaben aus der Politik widersprüchlich. Einerseits fordert sie die Banken auf, die Wirtschaft endlich wieder mit Kapital zu versorgen. Andererseits geißelt sie eine zu hohe Risikobereitschaft als Krisenauslöser. „Wir müssen jetzt genauer hinschauen, um keine neue Kreditblase entstehen zu lassen”, verteidigt sich der Bankenverband. Schließlich würden die Banken kein eigenes Geld verleihen, sondern das ihrer Kunden, „Ihres und meins”, so ein Sprecher.
Weil ihre Banken Kredite verweigern, rufen immer mehr Unternehmen nach dem Staat. Rund 1000 Anfragen hat die staatseigene KfW-Bank mittlerweile für den Deutschlandfonds vorliegen. Täglich kommen 15 hinzu. Firmen, die in Schwierigkeiten geraten sind, können vom Staat Kredite erhalten oder eine Bürgschaft, die der Hausbank die Kreditvergabe erleichtern soll.
Zu hohes Restrisiko
Metall-Krisenberater Ankel sieht darin für viele die Lösung, trifft aber bei Unternehmern wie Bankern auf Berührungsängste. Die Zwickmühle: Stimmt die Unternehmens-Perspektive, drückt eine Bürgschaft aus Sicht der Bank nur unnötig den Schuldzins. Ist sie nicht überzeugt vom Konzept, bliebe die Bank immer noch auf einem Restrisiko sitzen. Auch die IG Metall berichtet von Fällen, in denen die Bank lieber keinen neuen Kredit gibt als einen mit Bürgschaft.