Essen. Die Unzufriedenheit im deutschen Mittelstand mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung hat stark zugenommen. 55 Prozent der Betriebe beurteilten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Frühjahr 2009 als schlecht bis sehr schlecht.

Konjunkturpakete hin, Milliardenbürgschaften her: Immer mehr mittelständische Betriebe sind schwer enttäuscht vom Krisenmanagement der Bundesregierung. Nur noch elf Prozent stufen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als gut oder sehr gut ein, wie aus der aktuellen Mittelstandumfrage vom Bundesverband der Deutschen Industrie BDI hervorgeht. Beim letzten Mittelstandspanel im Herbst 2008 waren es noch 28 Prozent.

Gleichzeitig stufen rund 55 Prozent des Betriebe die Lage als schlecht oder sehr schlecht ein, nach 28 Prozent in 2008. Mit einer raschen Trendwende rechnen die zwischen März und Mitte Mai befragten Firmen nicht. Die deutsche Industrie gehe „von einem krisen- und wahlkampfpolitischen Stillstand aus, und auch von dem Ausgang der Bundestagswahl im September 2009 erwarten die Unternehmen keine kurzfristigen Impulse”.

Unternehmen stellen kaum noch ein

Die Enttäuschung im Mittelstand kann Volker Treier, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertags DIHK, nur zum Teil nachvollziehen. „Der Bund hat auch vieles richtig gemacht”, sagte Treier der WAZ im Hinblick auf das 100 Milliarden Euro schwere Bürgschaftsprogramm bei der staatlichen KfW-Bank. „Der Staat muss nun aber die Regeln einhalten und wieder als Schiedsrichter agieren anstatt als Spieler.” Soll heißen: Der Bund müsse genau darauf achten, ob ein Betrieb die erforderlichen Kriterien für eine Bürgschaft erfüllt, anstatt diese aufzuweichen. Andernfalls befürchtet Treier Wettbewerbsnachteile für Betriebe, die keine Hilfen bekommen – verbunden mit deren wachsender Unzufriedenheit.

Indes sieht es für Arbeitssuchende nach dem BDI-Panel derzeit düster aus. Nur etwa jedes sechste Unternehmen hat freie Stellen, im Herbst waren es noch 36 Prozent. Ein Licktblick: Trotz der Krise versuchen die Betriebe zu 70 Prozent, ihre Fachkräfte zu halten und weiterzubilden.

Keine Kreditklemme, aber auch keine Investitionen

Um eine zweite gute Nachricht aus der BDI-Studie zu filtern, bedarf es einer gewissen Portion Galgenhumor. „Die Umfrage deutet auf keine Kreditklemme hin”, schlussfolgert die Umfrage und steht damit im Gegensatz zu anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft. „Im Maschinen- und Kfz-Bau oder der Metallerzeugung sehen wir derzeit große Verspannungen”, sagt etwa DIHK-Chefvolkswirt Treier.

Die Erklärung für die vermeintlich positive BDI-Nachricht ist ernüchternd: Wenn Firmen weniger investieren, dann müssen sie auch weniger Geld ausleihen. So wollen nur 19,6 Prozent der befragten Unternehmen im laufenden Jahr mehr investieren. 43,1 Prozent hingegen wollen den Ausgaben-Gürtel enger schnallen.