Essen. Schein und Sein auf dem Kunstmarkt, dazu noch eine Dreiecksbeziehung – fertig sind Louise Jacobs' "Gesellschaftsspiele". Doch der Roman hinterlässt einen schalen Geschmack.

Ich habe es nicht gewusst. Dies vorweg, um nicht in den Verdacht zu geraten, einen Autoren seiner Herkunft wegen zu verurteilen. Wer Louise Jacobs ist und wovon ihr erster Roman handelte – nicht die Verlagsvorschau, erst ein Blick ins Internet verriet es.

Bleiben wir also werkimmanent, erklären wir die Schwächen dieses Buches aus sich selbst heraus. Jacobs wollte viel, alles geradezu. Die Geschichte: Künstler Leo Becker muss zwölf Bilder in neun Monaten malen, fürs Metropolitan Museum in New York. Höhepunkt der Künstlerkarriere, Tiefpunkt der inneren Zufriedenheit. Hat er sich kaufen lassen? Becker ist zerrissen zwischen Markt und Moral sowie zwischen Rahel und Ebba: der Ehefrau und der Ex-Geliebten.

Pseudo-poetisch

Jacobs lässt die drei Hauptfiguren wechselweise erzählen, springt zudem von Berlin und dem Atelier im Ruppiner Land zurück nach New York, wo Becker Rahel kennenlernte, und zum letzten gemeinsamen Urlaub mit Ebba. Kurz: kurzweilig. Auch beschreibt die Autorin böse unterhaltsam die inhaltliche Leere des Vernissagen-Geplauders, die Mechanismen des Marktes. Becker sitzt ja im goldenen Käfig: „Seit er malte, war es ihm zu gut gegangen. Ihn überkam manchmal die Lust, sein Atelier in Brand zu stecken. Doch das würde seinen Marktwert nur noch steigern.” Hübsch. An anderer Stelle aber scheitert Jacobs im allzu großen Bemühen, ihren Sätzen poetischen Klang zu verleihen.

„Es wurde ein honigfarbener Abend” schreibt sie über die Hochzeit von Rahel und Leo, und diese Süßlichkeit verklebt dem Leser schier die Augen. An anderer Stelle reiht sie Beobachtungen aneinander, die uns von einem pseudo-poetischen Bild ins nächste zerren: „Die Felder lagen in Rechtecke geteilt zwischen Waldrand und Landstraße. Auf der Wiese vor dem Atelier glich die Farbe des Matsches einer frisch aufgeschnittenen, gebratenen Leber. Schlieren schwammen in den Pfützen, in den Fugen der Steinplatten froren Grasbüschel im Wind.”

Sittengemälde voller Belanglosigkeiten

Gravierender und ärgerlicher aber als die offenbar fehlende Stimme eines sprachsensiblen Lektors ist die Art, wie Jacobs ihre Dreiecks-Geschichte unspannend zu Ende bringt. In immer kürzer werdenden Abschnitten kommen Ebba, Rahel und Leo zu Wort, mit diesen oder jenen Trennungs- oder Versöhnungsabsichten. Am Ende gibt es einen tödlichen Autounfall, der in bekannter Manier durch einen Polizeibericht dokumentiert wird. Die Einfallslosigkeit wäre verzeihlicher, hätte nicht eine Beerdigungsszene und die Frage auf dem Klappentext („Wer tötete Leo Becker?”) auf ein spektakuläreres Lebensende eingestimmt. Stattdessen endet dies angestrebte Sittengemälde über Schein und Sein in Belanglosigkeiten.

Der erste Roman von Louise Jacobs, „Café Heimat”, war ein Bestseller. Sie erzählt darin die Geschichte ihrer Familie. Denn Louise – 1982 geboren, aufgewachsen in Zürich – ist die Enkelin Walther Jacobs', der aus einem mittelständischen Unternehmen ein Kaffee-Imperium schuf.

Jacobs: Gesellschaftsspiele. Fahrenheit, 304 S. 17,95 Euro