Tripolis/Madrid. Behörden fürchten, dass mehr als 500 afrikanische und arabische Flüchtlinge vor der Küste Libyens ertranken. Ihre Boote waren in stürmischer See gekentert.

Die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa endete mit dem Tod: Möglicherweise mehr als 500 afrikanische und arabische Flüchtlinge, die mit mehreren Holzbooten Italien erreichen wollten, sollen vor der libyschen Küste ertrunken sein. „Anscheinend waren die Boote überladen und kenterten in der stürmischen See”, berichtete ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Genf. Nur annähernd 20 Bootsinsassen konnten lebend gerettet werden. Es ist die bisher schlimmste Flüchtlingskatastrophe auf dem Mittelmeer.

„Die libyschen Behörden haben den Untergang bestätigt, teilte die IOM mit. Hunderte seien ertrunken, die genaue Zahl der Opfer sei aber unklar. Aus dem libyschen Nachbarland Ägypten wurde gemeldet, dass etwa 600 Menschen in zwei Fischerbooten saßen: In einem befanden sich demzufolge etwa 260 „Boatpeople” in dem anderen rund 340. Libysche Medien berichteten von drei Bootswracks.

Ein Boot rettete die Küstenwache

Die Katastrophe habe sich bereits am Wochenende 30 Kilometer vor Libyens Küste ereignet. Ein viertes Boot mit mehr als 350 Flüchtlingen sei von einem italienischen Frachter und der libyschen Küstenwache gerettet und an Land geschleppt worden.

Man habe bisher mindestens 23 Leichen bergen können. „Wir werden niemals genau erfahren, wie viele Menschen mit diesen Booten unterwegs waren, weil nie alle Leichen gefunden werden”, sagte eine IOM-Sprecherin. Den Angaben aus Libyen zufolge sollen sich unter den Flüchtlingen Ägypter, Tunesier, Schwarzafrikaner und auch Palästinenser befunden haben. Die Schiffe stachen demzufolge von Sidi Belal nahe der libyschen Hauptstadt Tripolis in See. Nur wenige der Migranten trugen Schwimmwesten.

Die "Schmuggel-Saison" hat wieder begonnen

UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres reagierte mit Entsetzen auf die Unglücksmeldungen und sagte bitter, dass nun wieder die „Schmuggel-Saison” auf dem Mittelmeer beginne. Unbestätigten und auch widersprüchlichen Berichten zufolge sollen in den letzten Tagen weitere Boote von Libyen aus Richtung Italien losgefahren sein, deren Schicksal unklar ist. Am Sonntag und Montag waren insgesamt zwei Flüchtlingsboote mit insgesamt rund 400 Immigranten im süditalienischen Sizilien gelandet.

Küstenwacht-Patrouillen

2008 kamen 37 000 Flüchtlinge übers Mittelmeer nach Italien, die meisten strandeten auf Lampedusa, wo die Lager überfüllt sind. In Libyen halten sich nach IOM-Schätzungen über eine Million Migranten vor allem aus schwarzafrikanischen Ländern auf, die nach Italien übersetzen wollen.

Von Mitte Mai an sollen italienisch-libysche Küstenwacht-Patrouillen im Mittelmeer für Abschreckung sorgen. Sechs Grenzschutzschiffe werden dann Libyens Küstengewässer überwachen und Migrantenboote stoppen. Die EU fordert von Libyen schon lange ein härteres Vorgehen gegen jene Menschenmafia, die das Geschäft mit der illegalen Immigration organisiert.

Erst vor zehn Tagen war vor Tunesien ein Boot mit 100 Afrikanern gekentert: Nur 33 von ihnen überlebten.

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