Duisburg. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) aus dem Ruhrgebiet setzen ein brisantes Thema auf die Tagesordnung. Um beim nächsten Aufschwung schneller Jobs zu schaffen, fordern sie eine Lockerung des Kündigungsschutzes - ganz anders als NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).
Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen für eine schwarz-gelbe Bundesregierung sprechen sich die Industrie- und Handelskammern (IHK) im Ruhrgebiet für eine Lockerung des Kündigungsschutzes aus. „Je starrer Kündigungsschutzregelungen sind, umso länger zögern Betriebe zu Beginn eines Aufschwungs, bevor sie Dauerarbeitsplätze einrichten”, sagte Stefan Dietzfelbinger, der Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK, bei der Vorstellung des aktuellen „Ruhrlageberichts”. Dietzfelbinger forderte auch mehr Möglichkeiten für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge. Mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt schaffe am ehesten Jobs, wenn die Konjunktur wieder anspringe. Dies sei das Ergebnis der Umfrage bei rund 1000 Unternehmen mit knapp 180 000 Beschäftigten.
Dagegen hatte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wiederholt vor einer Lockerung des Kündigungsschutzes gewarnt. „Das brauchen wir jetzt nicht”, sagte er. Die bestehenden Tarifverträge seien flexibel genug.
Konjunkturelle Wende
Der Ruhrlagebericht zeichnet ein differenziertes Bild. Zwar sei die wirtschaftliche Situation nach wie vor „äußerst angespannt”, aber es gebe erste Anzeichen für eine zögerliche Erholung. Rund 18 Prozent der Betriebe bezeichnen die Konjuktur derzeit als „gut”, 52 Prozent urteilen mit „befriedigend” und 30 Prozent bewerten die Lage als „schlecht”. Mittlerweile erwartet wieder fast jeder vierte Betrieb eine wirtschaftliche Belebung – das sind fast drei Mal so viele wie noch vor einigen Monaten. „Die konjunkturelle Wende ist eingeleitet”, sagte Thomas Hüttemann, der Präsident der Duisburger IHK. Die Abwärtsbewegung sei gestoppt, auch die Stimmung in den Unternehmen bessere sich.
Arbeitsmarkt noch erstaunlich robust
Der Arbeitsmarkt im Revier zeigt sich bislang erstaunlich robust. Allerdings setzen viele Betriebe auf Kurzarbeit, Abbau von Überstunden und Verzicht auf Leiharbeiter. Dies seien aber keine langfristigen Lösungen. Daher rechnen die Kammern mit weiteren Stellenstreichungen. Jedem Unternehmen, das in den nächsten zwölf Monaten zusätzliche Jobs schaffen will (9 Prozent), stehen drei Betriebe (27 Prozent) gegenüber, die von einer sinkenden Belegschaftszahl ausgehen.
Besorgt zeigten sich die Kammern über mangelnde Akzeptanz des Industriestandorts NRW. Hüttemann verwies auf Proteste und Gerichtsverfahren gegen Kraftwerksneubauten, Chemieanlagen und neue Bahnlinien. Er forderte die Landesregierung auf, bei Investitionen für mehr Planungssicherheit zu sorgen.