Peking. Er kam überraschend, umso netter fiel der Empfang in Nordkorea für Bill Clinton aus, den ehemaligen Präsidenten und Gatten der derzeitigen Außenministerin der USA.
Um zwölf Uhr mittags landete gestern ein Überraschungsgast auf dem Flughafen von Pjöngjang: der frühere US-Präsident Bill Clinton, Gatte der heutigen Außenministerin Hillary. Kaum ein Nordkoreaner hätte bis dahin wohl zu träumen gewagt, einen so berühmten – und ehemals mächtigen – Amerikaner in der Hauptstadt zu empfangen. Denn das politische Klima zwischen beiden Staaten ist seit Monaten frostig.
Nun aber gab es plötzlich freundliche Gesten: Zwei hohe nordkoreanische Politiker, Vizeparlamentschef Yang Hyong Sop und Vizeaußenminister Kim Kye Gwan, der für die internationalen Verhandlungen über das Atomprogramm Pjöngjangs zuständig ist, empfingen den Besucher auf dem Rollfeld. Anschließend traf er Nordkoreas Herrscher Kim Kim Jong-Il und überbrachte diesem eine mündliche Botschaft von Barack Obama.
Zwar hielten sich beide Seiten über die Absicht der Reise bedeckt. Doch es war klar: Clinton will versuchen, über die Freilassung von zwei US-Journalistinnen zu verhandeln, die im März in Gefangenschaft geraten waren. Sie waren auf dem vereisten Tumen-Fluss von Grenzwächtern geschnappt worden, als sie einen Fernsehfilm über das Schicksal nordkoreanischer Flüchtlinge drehten. Im Juli hatte der nordkoreanische Oberste Gerichtshof die 32-jährige Laura Ling und ihre 36-jährige Kollegin Euna Lee zu zwölf Jahren „Umerziehung durch Arbeit” verurteilt, wegen illegaler Grenzüberschreitung. Bislang verbüßen sie ihre Strafe offenbar noch nicht im Lager, sondern in einem Gästehaus in Pjöngjang. Nach Angaben des Fernsehsender ABC soll Clinton die beiden am Abend getroffen haben. Denkbar sei sogar, dass Clinton die beiden jungen Frauen am Mittwoch zurück in die USA begleiten könne, deutete der Sender an.
Clintons Reise kommt zu einer Zeit, in der die jahrelangen Verhandlungen über ein Ende des Atomprogramms der Nordkoreaner gescheitert sind. Im Mai hatten die Militärs ihren zweiten Atomsprengsatz getestet und eine Reihe von Mittel- und Kurzstreckenraketen abgefeuert. Daraufhin hatte die UNO – gedrängt von den USA – die Sanktionen gegen Nordkorea verschärft. Außenministerin Hillary Clinton hatte die Tests kürzlich mit dem „Versuch eines kleinen Kindes, Aufmerksamkeit zu erheischen” verglichen. Hinter diesen Plänkeleien verbergen sich schwere Konflikte: Nordkorea verlangte von den USA direkte Verhandlungen. Washington zögerte, da Pjöngjang dies als Erfolg seiner nuklearen Erpressungsstrategie werten könnte. Zugleich wächst im Ausland die Sorge über die Zukunft des Landes, dessen Führer Kim Jong-Il offenbar krank ist.
Clinton hat guten Ruf
Die Verhandlungen um die Journalistinnen könnten nun als Vorwand und Hebel dienen, einen Ausweg aus der Situation zu finden. Clinton hat in Pjöngjang einen guten Ruf: Er hatte als Präsident im Jahr 2000 Außenministerin Madeleine Albright nach Pjöngjang geschickt und so in der Bevölkerung Erwartungen auf eine Normalisierung der Beziehungen geweckt. Unter George W. Bush herrschte wieder Eiszeit.
Clintons Ankunft wurde im Fernsehen gezeigt. „Die Nordkoreaner sind glücklich!”, sagte ein Anwohner. (mit afp)