Washington. Zwei hochkarätige Politik-Gipfel in den USA geben dem US-Präsidenten Barack Obama in diesen Tagen die Chance, sich neu zu profilieren. Denn ob Truppenaufstockung in Afghanistan oder Atomwaffen in Nord-Korea - Obamas diplomatische Vorstöße werden international bisher meist ignoriert.
Wäre Sympathie der entscheidende politische Faktor, hätte Barack Obama die Welt längst befriedet. Von seinen Popularitätswerten im Ausland können Obamas Kollegen auf der eigenen politischen Bühne nur träumen. In den acht Monaten seiner Amtszeit hat Obama das Bild vom „hässlichen Amerikaner” eindrucksvoll korrigiert.
Doppelt so viele Deutsche etwa wie noch zu Bushs Zeiten haben heute wieder eine gute Meinung von Amerika. Selbst in traditionell USA-skeptischen Ländern wie Frankreich oder der Türkei hat Obama nach wie vor Popstar-Status. Während im eigenen Land die Zustimmungsraten rapide bröckeln und sich Obama auf Normalmaß zurückgestutzt sieht, schwimmt der US-Präsident international noch immer auf einer Woge der Sympathie.
Doch dies wird Obama wenig helfen, wenn er in dieser Woche – zunächst ab heute bei seinem ersten großen Stelldichein der Uno-Vollversammlung in New York und anschließend auf dem G20-Treffen in Pittsburgh – die Staats- und Regierungschefs aus aller Welt auf amerikanischen Boden empfängt.
So sehr die meisten Regierungschefs es vorziehen, mit ihm und nicht mehr mit George W. Bush verhandeln zu müssen, so wenig dürften sie bereit sein, Obama allein wegen seines gewinnenden Charmes jene Gefallen zu tun, die sie dem texanischen Sturkopf Bush noch strikt verweigerten.
Viele Vorstöße werden ignoriert
Nach wie vor etwa sträuben sich die Europäer, ihre eigenen Truppenkontingente im eskalierenden afghanischen Krieg aufzustocken. Die Saudis ignorieren Obamas Bitte, Israel als Faktum in Nahost anzuerkennen, während die Israelis Obamas Wunsch überhören, den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten zu stoppen. Nord-Korea droht unbeirrt weiter mit Atom-Waffen.
Iran verfolgt eben so stoisch seine nuklearen Pläne. Kuba reagiert ebenfalls unbeeindruckt auf Washingtoner Entspannungssignale. Selbst die Schotten setzten sich über Obamas eindringlichen Wunsch hinweg, den Lockerbie-Bomber weiter in Haft zu halten. Und ob Moskau tatsächlich honoriert, dass Obama den Dauerzankapfel des US-Raketenschilds im russischen Vorhof beerdigte, muss sich erst noch erweisen.
Dass da ein neuer Mann im Weißen Haus sitzt, der die Welt mit gehaltvollen Reden und Visionen begeistert, beeindruckt im Kosmos des realpolitischen Kleinklein ganz offenkundig nur mäßig. Längst beginnt sich herum zu sprechen, dass auch mit Obama der Kopenhagener Klimagipfel in zehn Wochen von einem erhofften Durchbruch ziemlich weit entfernt ist.
In Trippelschritten voran
Es wäre freilich vermessen, dem US-Präsidenten vorzuhalten, dass die Welt auch unter seiner Führung nur in Trippelschritten, wenn überhaupt, vorankommt. Sympathie ist eben kein zentraler politischer Faktor. Und doch: Das persönlich hohe Ansehen des US-Präsidenten, der Vertrauensvorschuss in seine diplomatischen Vermittlungsfähigkeiten, kann tatsächlich auf lange Sicht neue Weichen zum Besseren stellen – im palästinensisch-israelischen Verhältnis, im Atompoker mit Iran, bei der Konsenssuche mit Moskau. Es wäre fahrlässig, diese Chance, die sich mit Barack Obama bietet, schon im Vorfeld mäkelnd klein zu reden.