Essen. Heute sollte sie beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster reden, doch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte ab - Terminprobleme, hieß es. Die CDU-Nachwuchsorganisation ist nicht amüsiert.

Die empörte Basis der Jungen Union vermutet eher einen gewissen Unwillen, sich unbequemen Fragen zu stellen: Will die schwarz-gelbe Koalition sich der Reform der sozialen Sicherungssysteme widmen? Und wie soll es mit einer CDU weitergehen, die bei Bundestagswahlen ständig Prozente verliert? In Abwesenheit soll auf die Kanzlerin aber möglichst nicht herumgehackt werden. „Wir blicken jetzt nach vorne”, hat Junge Union-Chef Philipp Mißfelder zähneknirschend als Devise ausgegeben.

Seine Themen will Mißfelder sich allerdings nicht abkaufen lassen. „Bei der Bewältigung des demographischen Wandels wünsche ich mir aus Sicht der jungen Generation eindeutig mehr Mut.” Dies gelte gerade jetzt, da die Koalitionspartner ungehindert Pflöcke einrammen könnten. Beim Thema Gesundheit müsse es endlich um mehr Eigenverantwortung gehen. Zumal Jüngere stünden „in der Pflicht, privat Eigenvorsorge zu betreiben”, so Mißfelder zur WAZ. Und: „Bestimmte Leistungen müssen aus der Versicherungspflicht herausgenommen und extra versichert werden, anders geht es angesichts des demografischen Wandels nicht”. Um das finanziell stemmen zu können, bedürfe es einer Entlastung bei Steuern und Sozialbeiträgen.

Hat die Union dazu die Kraft? Mißfelders Vertrauen scheint begrenzt. „FDP, CDU-Mittelstandvereinigung und die Junge Union gehören zu den Reformkräften in dieser Koalition”, sagt der 30-jährige, der allzu viel Rücksicht auf die Belange der bald wahlkämpfenden NRW-Partei für nicht nötig hält. Da sich Reformpolitik und soziale Balance keinesfalls ausschlössen, könne die CDU zuversichtlich in die Landtagswahl im Mai gehen.

Was das mäßige Wahlergebnis angeht, forderte die Junge Union schon 2005 eine wie immer geartete „Aufarbeitung” – damals vergeblich. Mißfelders Kurzanalyse: „Viele CDU-Stammwähler haben sich mehr CDU-Politik gewünscht und paradoxerweise deshalb FDP gewählt.” Wer die Große Koalition nicht mehr wollte, dem sei die FDP als Garant für einen neuen Anfang erschienen. Es gehe aber nicht, dass sich die Liberalen zu Lasten der CDU immer weiter aufpumpten. „Wir müssen den wirtschaftsliberalen Flügel besser darstellen in der CDU.”