Dortmund. In Dortmund mehren sich die Anzeichen für Neuwahlen. Auch die Grünen sprachen sich nun dafür aus. Damit gibt es im Stadtrat eine Mehrheit für diesen Schritt. Der neu gewählte Oberbürgermeister Ullrich Sierau denkt unterdessen über einen Amtsverzicht nach.

Der 20. Oktober hätte der Tag der Amtsübergabe des alten Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer an Ullrich Sierau sein sollen. Doch es könnte der Tag werden, an dem der Rat Neuwahlen in der zweitgrößten Stadt NRWs in die Wege leitet.

Am Wochenende hatten sich die Grünen, der mögliche Koalitionspartner der SPD, zum Krisengipfel getroffen. Das Ergebnis: die Forderung nach Neuwahlen. „Es ist eine Katastrophe, was der OB und die Kämmerin angerichtet haben”, so Grünen-Fraktionschef Maria Krüger im WAZ-Gespräch. „Sie haben getäuscht, getrickst und desinformiert. Die Folgen waren verheerend. Und da kommt man nur mit einem klaren Schritt wieder raus.”

Sierau zögert

Krüger meint jenen Aktenvermerk vom 11. August, der ihm zufolge schonungslos darlegt, dass die Haushaltsmisere frühzeitig bekannt war. Auf Grund dieses Vermerks will Regierungspräsident Helmut Diegel die Wahl anfechten, zur Not vor Gericht.

Der neu gewählte Oberbürgermeister Ullrich Sierau schließt unterdessen nicht mehr aus, dass er angesichts des Wahlbetrug-Vorwurfs sein Amt nicht antreten wird. „Ich habe meine Ernennungsunterlagen per Post erhalten, noch habe ich sie aber nicht unterschrieben zurückgeschickt”, sagte Sierau in einem Interview und ließ damit erstmals durchblicken, dass er dem riesigen Druck, der auf ihm lastet, nicht standhält.

Dortmunds SPD-Parteichef Franz-Josef Drabig betonte auf WAZ-Nachfrage, dass die Sozialdemokraten Sierau in aller Ruhe seine Entscheidung treffen lassen und ihn in keiner Weise beeinflussen werden. Dass Sierau über einen Verzicht nachdenke, sei verständlich. „Das ist eine sehr persönliche Geschichte. Wichtig ist, was er entscheidet.” Sierau war am Wochenende nicht für eine weitere Stellungnahme zu erreichen.

Oberbürgermeister auf Abruf

Hintergrund der Überlegungen könnte – neben der persönlichen Betroffenheit – ein unangenehmes Szenario sein: Im Zuge eines juristischen Verfahrens könnte Sierau jahrelang ein Oberbürgermeister auf Abruf sein – alles andere als eine ideale Arbeitsgrundlage. In einem Fall in Bad Homburg entschied das Bundesverwaltungsgericht nach fünf Jahren, dass die Kommunalwahl wiederholt werden musste.

Hendrik Wüst, Generalsekretär der NRW-CDU, kommentierte die Entwicklung als „erstes positives Zeichen”. Es gebe für Ullrich Sierau lediglich noch eine Möglichkeit, und die laute Amtsverzicht.