Palma den Mallorca. Noch sind die Verwüstungen nach dem Anschlag auf eine Polizei-Wache am Donnerstag auf Mallorca zu sehen – in den Touristenhochburgen herrscht aber schon wieder Normalität. Der Strand in Arenal ist voll. Die Sonne brennt, Sangria und Bier fließen in Strömen.

Am Tag nach dem Anschlag sind die Verwüstungen am Tatort deutlich zu sehen. Nahe der kleinen, unscheinbaren Wache der Guardia Civil an der „Carrer de Sants Oliver” in Palmanova auf Mallorca sichern am heißen Vormittag noch immer Experten die Spuren der Autobombe, die am Donnerstag unter dem Polizeiwagen explodierte.

Verkohlte Auto- oder gar Leichenteile sind dort verstreut. Bruchstücke der Bombe mögen es auch sein. An jedem Fund platzieren die Beamten in den weißen Overalls kleine Schilder mit Nummern, machen Fotos. Die Mauer, an der der Polizeiwagen in die Luft flog, ist zertrümmert. Rotweiße Absperrbänder flattern. Die Flagge Spaniens weht vor dem Revier auf Halbmast. „Diese Wache arbeitet heute nicht”, sagt der Polizeibeamte. Mit großer Geduld erträgt er die Schaulustigen. Hier starben gestern zwei seiner Kollegen. Hat er sie gekannt? Er nickt nur und wendet sich von den Fragen des Reporters ab.

Die Parkbucht, in der der gesprengte Streifenwagen stand, liegt vor einem Apartmenthaus. Daran grenzen direkt zwei Hotels. Die Bombe detonierte inmitten der Touristen-Hochburg. Überwiegend Briten sind hier zu Gast.

In Palmanova herrscht gespenstische Normalität. Ein Zivilbeamter läuft mit einem fahrbaren Gestell durch die Straße, auf dem ein Klappspiegel montiert ist. Mit ihm schaut er nach möglichen Sprengsätzen unter den parkenden Autos.

Mörder werden noch auf der Insel vermutet

Auf den Straßen und Autobahnen läuft der Verkehr weitgehend normal. Vorbei die Staus, vorbei die Blockaden der Häfen und des Airports – gestern noch hofften die Behörden die Mörder unmittelbar zu fassen. Sie werden noch immer auf der Insel vermutet. Verdächtig ist ein junges baskisches Pärchen, das seit gestern seine angemietete Wohnung in Palma nicht mehr betreten hat. Die Suche läuft auf Hochtouren. Auf Brücken, Verkehrsinseln und an Kreu-zungen der Ausfahrtstraßen stehen Polizeiposten.

Das Leben in den Touristenhochburgen scheint schon fast wieder unbehelligt vom Anschlag zu sein. So auch in Arenal, wo viele der 200 000 Deutschen auf der Insel ihren Urlaub verbringen. Marita Köllner aus Köln kommt seit 20 Jahren nach Arenal. Sie berichtet: „Gestern Abend stand die Polizei hier an jeder Ecke.”

Sangria und Bier fließen in Strömen

Doch das ist jetzt vorbei. Der Strand in Arenal ist voll. Die Sonne brennt, Sangria und Bier fließen in Strömen. Der Ballermann lässt sich die Laune nicht verderben, auch wenn die Stimmung sicher schon mal ausgelassener war. „Ich habe überhaupt keine Angst”, sagt Marita Köllner, die gelassen die Promenade entlang flaniert. Sie ist glücklich darüber, dass ihr Mann Peter am Abend noch sehr verspätet in Mallorca gelandet ist. Sie machen Urlaub hier mit ihrer Clique. Dazu gehört auch Manni Hoß. Er nimmt die Lage locker. „Wieso soll ich Angst haben? Es ist, wie es ist. Natürlich ist es schlimm, dass so etwas passiert, aber in diesen Zeiten müssen wir doch überall mit Terror rechnen.”

Fleischkäse und Wurstsalat

Doch die deutschen Touristen wissen nur zu gut, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der ETA-Terror Mallorca mied. „Früher haben die Leute gedacht, es kann nur auf dem Festland etwas passieren”, sagt Kellnerin Siglinde im Restaurant „Bei Hilde und Jürgen” in Arenal. Der Laden brummt auch an diesem Tag. „Fleischkäse, Sülze oder Wurstsalat mit Bratkartoffeln oder Pommes, je 6,90 Euro”, preist die Speisekarte an. Siglinde hat gut zu tun. Sie sagt: „Ein bisschen Angst ist immer mit dabei.” Und ihr Kollege, Kellner Peter, findet: „Traurig, dass sowas hier passiert.” Einer im orangefarbenen „Jägermeister”-T-Shirt sitzt mit am Tisch, will seinen Namen nicht nennen. Er fordert: „Der Staat muss viel härter durchgreifen.” Genauer werden will er nicht. Nur soviel: „Wer sagt denn, dass es wirklich die ETA war?”