Düsseldorf. Mit 50.000 Euro Startkapital will das Land NRW jetzt etwas gegen den Mangel an Landärzten tun. Es geht vor allem darum, junge Ärztinnen zu gewinnen, die sich auf dem Dorf niederlassen. Der Nachwuchs soll schon an den Unis geworben werden.

Man muss nachhelfen, um junge Medizinier aus den Städten zu locken: Wer sich auf dem Dorf niederlässt, soll vom Land NRW 50.000 Euro Startkapital bekommen. Junge Frauen, die Medizin studieren, wollten später nicht aufs Land ziehen, sagt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Weil sich dort Familie und Beruf deutlich schlechter als in der Stadt vereinbaren ließen. Doch 70 Prozent aller Medizinstudenten in Nordrhein-Westfalen sind inzwischen weiblich, womit allerdings nur ein Teil des Problems der hausärztlichen Versorgung für ländliche Gebiete beschrieben ist.

Entscheidet sich ein junger Mediziner nach der dreijährigen Pflichtausbildung im Krankenhaus dazu, später Hausarzt zu werden, nimmt er zunächst einen echten finanziellen Absturz in Kauf. Hat er im dritten Jahr in der Klinik bereits monatlich 4018 Euro (plus Zuschläge) bekommen, wird er bei einer zweijährigen Weiterqualifizierung als Hausarzt nur noch mit 2000 Euro brutto im Monat entlohnt. Bliebe er hingegen als Assistenzarzt im Krankenhaus, stiegen seine Bezüge auf 4300 Euro an. „Das ist keine Situation, um die Ausbildung zum Hausarzt zu stimulieren”, sagt Rudolf Henke, NRW-Vorsitzender des Ärzteverbands Marburger Bund.

Auch Teile des Reviers könnten Mangelgebiet werden

Doch ab August sorgt das Land NRW für die bisher fehlende finanzielle „Stimulation”. Wechselt ein junger Arzt zur Ausbildung als Allgemeinmediziner in eine Hausarztpraxis in einem Gebiet, in dem Medizinermangel droht, stockt das Land seine bisher dafür vorgesehene Vergütung um monatlich 2000 auf 4000 Euro auf. Wer sich später mit einer eigenen Praxis in einem Mangelgebiet niederlässt, erhält dafür außerdem einmalig bis zu 50.000 Euro Startkapital vom Land. „Ziel ist es, mehr junge Menschen für den Hausarztberuf zu begeistern – und diesen vor allem in ländlichen Gebieten wie dem Münsterland, Ostwestfalen-Lippe, dem Sauerland oder dem Niederrhein attraktiv zu machen”, erklärt Laumann. Wobei sich der NRW-Gesundheitsminister schon jetzt ein „Nachjustieren” dieser Prämienzahlung auf „problematische Stadtteile” mit Hausärztemangel auch in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet vorstellen kann.

NRW-Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) will parallel dafür sorgen, dass bereits an den Hochschulen verstärkt für die spätere Qualifizierung als Hausarzt geworben wird. Eine der vier Universitäten Bochum, Duisburg/Essen, Münster und Bonn erhält – bei Erfolg in einem Wettbewerb – für fünf Jahre die Finanzierung einer Stiftungsprofessur für Allgemeinmedizin. Zugleich will Pinkwart an den Medizin-Universitäten dafür werben, dass bei der Auswahl der Studenten die vorherige Ausbildung in einem Medizinberuf mehr Gewicht erhält. Denn grundsätzlich gilt: Die Abiturnote muss nur zu 51 Prozent gewertet werden. „Den Numerus clausus muss man nicht haben, um später ein engagierter, mit sozialer Kompetenz ausgestatteter Hausarzt zu sein”, setzt sich auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in NRW, Leonhard Hansen, für eine verstärkte Zulassung junger Menschen mit nachgewiesenem Praxisbezug zum Medizinstudium ein. „Man kann nicht nur mit dem Scheckheft winken”, sagte Hansen der WAZ.

Jeder vierte Absolvent verlässt NRW

Hochschulminister Pinkwart hofft, künftig überhaupt wieder mehr junge Mediziner im Land halten zu können. Zurzeit verschwindet jeder vierte Hochschulabsolvent ins Ausland oder arbeitet anschließend in einem nicht-medizinischen Beruf. Obwohl ein Medizinstudium laut Pinkwart „das anspruchsvollste” und „das teuerste” ist.