Essen. 14,4 Millionen Bürger in NRW sind zur Kommunalwahl aufgerufen. Umfragen deuten darauf hin, dass die Beteiligung auf unter 54,4 Prozent und damit auf einen Tiefstand sinken könnte. Ein Zeichen für Desinteresse an Politik? Eher nicht. Andere Wege des politischen Engagements öffnen sich.

Bundesweit nehmen immer mehr Menschen an Online-Petitionen und Bürgerbegehren teil. „Wir erschließen neue Kunden”, sagte der Vize des Bundestags-Petitionsausschusses, Gero Storjohann (CDU), der WAZ: Junge Leute nutzen Online-Petitionen, die der Bundestag seit Herbst 2008 anbietet. 330 000 haben sich bis Juni als Nutzer registrieren lassen.

Die Themen sind altersspezifisch. 134 000 Unterstützer fand der Protest gegen Internet-Sperren. Heftig wurde die „Generation Praktikum” oder ein staatliches Grundeinkommen für alle diskutiert.

Tausende Onlinepetitionen

Zwischen 500 000 und 600 000 Menschen haben sich im Schnitt der letzten drei Jahre per Massen- oder Onlinepetitionen geäußert. Aufmerksamkeit löst hier der Streit über das Schicksal der Heimkinder der 60er-Jahre aus, die entschädigt werden sollen.

Boom von Bürgerbegehren

Einen Boom erleben Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf lokaler Ebene. Gab es 2004 und 2005 bundesweit sieben bis acht Verfahren, die neu eingeleitet wurden, ist die Zahl seit 2006 schon zweistellig. Im letzten Jahr wurden 17 Verfahren gestartet. 44 sind derzeit in Vorbereitung.

In NRW seien in diesem Jahr „überdurchschnittlich viele Bürgerbegehren erfolgreich”, sagt die Organisation „Mehr Demokratie”: So beugten sich Stadträte fünfmal den Volks-Voten gegen teure Schwimmbad-Sanierungen, Schließungen von Sportanlagen und in Xanten gegen den Umbau des Marktplatzes. In Hagen stoppten die Bürger die Schließung von Schulen.

„Mehr Demokratie”-Sprecher Thomas Sterk kritisiert, in NRW erschwere das Land Bürgerentscheide – anders als Bayern. In Ruhrgebietsstädten seien die verlangten Mindestquoten eine zu hohe Hürde.