Essen. Der Energieversorger RWE verärgert Kunden, die sich für den Treuestrom-Festpreis entschieden haben. Der Konzern bot ihnen an, ihren Vertrag bereits jetzt und damit 16 Monate vor dessen Ablauf zu verlängern. Hinter dem Angebot verbirgt sich eine versteckte Preiserhöhung.

RWE-Kunde Gerd F. ist sauer. Bei Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern ist er Treuestrom-Kunde, hat sich also einen stabilen Strompreis bis Ende 2010 gesichert. Nun bot ihm RWE an, den Vertrag ab sofort bis Ende 2011 zu verlängern.

Was der Energieversorger in dem Brief verschwieg: Stimmt Gerd F. zu, nickt er eine satte Preiserhöhung ab. Er würde je Kilowattstunde Strom 8,9 Prozent mehr als bisher zahlen. Das stellte Gerd F. nach einem Blick auf seinen alten Vertrag fest. Bei dieser „Volksverdummung” mache er nicht mit.

"So viel Eigenverantwortung kann man dem Kunden zumuten"

Nicht nur Gerd F. erhielt Post. RWE bot allen 20 000 Treuestrom-Kunden an, ihren Vertrag bereits jetzt und damit 16 Monate vor dessen Ablauf zu verlängern. Über ein Viertel habe das bereits getan, sagte ein Sprecher.

Zum im Brief verschwiegenen höheren Preis sagte er: „So viel Eigenverantwortung kann man dem Kunden zumuten, dass er weiß, wie sein jetziger Vertrag aussieht.” Verbraucher seien sensibilisiert. Bekannt sei, dass Preisstabilität einen Aufpreis koste.

Treuestrom-Kunden zahlen 21,90 statt bisher 20,11 Cent je Kilowattstunde (kWh), falls sie verlängern. Von „normalen” Stromkunden verlangt RWE 21,60 Cent, noch bis Jahresende garantiert. Ob sich der Preis dann ändert, ist noch unklar. Die letzte Erhöhung erfolgte laut RWE zum 1. April 2009: Strom wurde um etwa sechs Prozent teurer.

Kritik von Verbraucherschützern

Verbraucherschützer kritisieren das Treuestrom-Angebot. „Das Preisniveau ist überteuert”, sagt Peter Blenkers von der Verbraucherzentrale NRW. Ein typischer Vier-Personen-Haushalt, der im Jahr 3600 kWh verbrauche, zahle mit dem neuen Treuestrom-Festpreis von RWE jährlich fast 900 Euro.

„Brauchbare Alternativangebote liegen bei 710 bis 780 Euro”, sagt der Energie-Experte. „Die Preise dieser Stromanbieter müssten um mehr als das Doppelte steigen wie in den letzten zweieinviertel Jahren – als sich Strom um etwa 15 Prozent verteuerte –, damit sich der RWE-Treuestrom für Kunden rechnet.”

Viele Konkurrenten

Blenkers betont, der Energieriese RWE sei in NRW auch in der Grundversorgung oft der teuerste Anbieter. Grundversorger in einer Region ist derjenige, der dort die meisten Kunden hat. Dabei gebe es viel Konkurrenz: „Je nach Region buhlen 56 bis 72 Stromversorger um die Gunst der Kunden.”