Kopenhagen. Michelle Obama will Olympia nach Chicago holen. Die Frau des US-Präsidenten ist deshalb bereits in Kopenhagen, ihr Mann reist erst zur Entscheidung an.
Pelé hält Hof. Natürlich steigt Brasiliens Idol, der beste Fußballer aller Zeiten, für die Olympiabewerbung Rio de Janeiros in die Bütt. Zum fünften Mal buhlt Rio um die Spiele, zum dritten Mal ist Pelé dabei. Dieses Mal in Kopenhagen. Wogegen man Michael Jordan, den erfolgreichsten Basketballer aller Zeiten, beim großen Konkurrenten Chicago doch sehr vermisst.
Also will ein amerikanischer Journalist am Mittwoch von Pelé wissen, warum wohl Jordan nicht nach Kopenhagen gekommen ist. Pelé versteht erst mal nicht, wer gemeint ist. Was hat Michael Jackson mit Olympia zu tun, fragt er. Nichts. Als die Verwechslung geklärt ist – Jordan, nicht Jackson – und alle gelacht haben, pariert Pelé die Frage politisch durchaus geschickt. „Ich weiß nicht, ob ich sie recht verstanden habe“, holt er aus. „Aber bei mir ist es ganz einfach: Ich würde für mein Land sterben. Ich würde für den Sport sterben. Ich habe meinem Land zu helfen. Diese Olympischen Spiele sind für ganz Südamerika. Deshalb bin ich hier!“
Das einsame Duell
So sind sie, die Brasilianer. Sie argumentieren mit Herz und stellen zunehmend ihre Konkurrenten aus Chicago, Tokio und Madrid in den Schatten – zumindest in der veröffentlichten Meinung, die keinesfalls mit den Mehrheiten im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) übereinstimmen muss.
Viele IOC-Mitglieder kommen erst am Donnerstag nach Dänemark, wenn abends im Opernhaus die 121. IOC-Vollversammlung eröffnet wird.
Dabei deutet vieles auf ein einsames Duell zwischen Rio und Chicago hin. Der Aufmarsch der A-Prominenz allemal. Gestern morgen traf die erste Abordnung aus dem Weißen Haus ein, First Lady Michelle Obama landete auf dem Flughafen Kastrup und trat am Nachmittag erstmals im IOC-Hotel Marriott auf. Am Freitagmorgen schwebt ihr Gatte mit der Air Force One ein, um kurz nach der Präsentation Chicagos wieder nach Washington zu entschwinden. Obama hat in den vergangenen Tagen bereits mit einigen IOC-Vorständlern telefoniert.
"Die First Lady elektrisiert"
Selbst mit Obama werde Chicago nicht gewinnen, glaubt das brasilianische IOC-Mitglied Carlos Nuzman, eine Skandalnudel mit Entertainer-Qualitäten. „Obamas Besuch macht gar nichts, das macht gar nichts aus“, erklärte Nuzman. Die Amerikaner fassen das als eine Art Gotteslästerung auf. Unmittelbar nach der Äußerung Nuzmans gibt Chicago eine Pressekonferenz. Bewerberchef Pat Ryan sagt: „Carlos ist ein großartiger Typ, ein großer Gegner“, sagt Ryan. „Aber ich denke doch, dass die First Lady die Menschen hier elektrisiert.“
So geht das in einem fort. Amerikanische Journalisten thematisieren die Kriminalität in Rio. Die Brasilianer provozieren Chicagos Bürgermeister Richard Daley hoffen auf einen Vulkanausbruch. Daley ist als Choleriker bekannt, hat sich aber derzeit gut im Griff. Kürzlich soll er gesagt haben, Rio sei nicht für Olympia bereit. Wegen solcher Äußerungen sei die IOC-Ethikkommission alarmiert, verbreitete Nuzman. „Wir bitte? Ich habe nicht gesagt“, erklärt Daley daraufhin.
Pelé wirbt im Schlusswort
Bei manchen Meldungen fragt man sich, ob sie von jenen PR-Firmen, die für die Bewerber arbeiten, eigens bestellt worden sind. So meldete die Nachrichtenagentur AP gerade scheinexklusiv, dass in diesem Jahr kein Schwimm-Weltcup in Brasilien stattfindet. Das weiß man allerdings schon seit einem Monat, worauf die Brasilianer verärgert hinweisen. In den USA gilt der Sachverhalt als Beweis, dass es nicht weit her ist mit der Förderung des olympischen Sports in Brasilien.
Pelé wirft dazu lässig ein: In den USA dominieren nur drei Profisportarten das Leben, in Brasilien dagegen kennen die Menschen außer Fußball auch alle anderen 27 olympischen Sportarten. Und überhaupt: „Die USA hatten bereits acht Mal Olympische Spiele, Südamerika hatte sie noch nie!“