Burgos/Madrid. Eine zerbombte Wohnblock-Fassade, ausgebrannte Autos, weinende Menschen in einer Trümmerwüste. Eine ETA-Bombe verletzt zwar über 60 Menschen, doch dieses Mal gibt es keine Todesopfer, wie bei vielen früheren Anschlägen der baskischen Terror-Organisation.
Als die ersten Helfer am frühen Mittwochmorgen zu der 14-stöckigen Polizeikaserne in der nordspanischen Stadt Burgos (180 000 Einwohner) rasen, rechnen sie mit vielen Toten. Doch die Bewohner der Backstein-Kaserne und der umliegenden Wohnhäuser hatten Schutzengel: Das sei „ein wahres Wunder”, sagt der lokale Behördensprecher Jaime Mateu. Spaniens Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba, der zum ETA-Tatort kommt, empört sich: „Die wollten Tote haben.” Immer „heimtückischer und wahnsinniger” gingen die ETA-Terroristen vor.
Gegen vier Uhr morgens war hinter der Kaserne, in der Beamte samt Familien der paramilitärischen Guardia Civil wohnen, eine Autobombe explodiert. 200 bis 500 Kilogramm Sprengstoff, so wird geschätzt, der vermutlich in einem Lieferwagen versteckt war. Die Bombe wurde offenbar aus dem zweieinhalb Autostunden entfernten Südfrankreich nach Burgos gesteuert. Die im nordspanischen Baskenland beheimatete ETA nutzt Südfrankreich als Rückzugsgebiet.
Der Zeitpunkt des jüngsten Attentats war nicht zufällig gewählt: Die ETA wurde vor genau 50 Jahren gegründet, ursprünglich als Widerstandsbewegung gegen die Franco-Diktatur. Doch auch das demokratische Spanien wird von der ETA als „faschistische Diktatur” bezeichnet. Am Ziel, einen unabhängigen Baskenstaat im Nord-Spanien zu errichten, wird festgehalten.
Zudem beginnt in diesen Tagen die Hauptferienzeit in Spanien. Seit Jahren nutzt die ETA die Urlaubshochsaison, um spektakuläre Anschläge zu verüben. Gegen staatliche, aber auch gegen touristische Einrichtungen. Damit wollen die Terroristen ein Klima der Angst schaffen und Spaniens wichtigstes wirtschaftliches Standbein, den Tourismus, schädigen.
Spaniens Polizei befürchtet, dass der Bombenanschlag in Burgos erst der Anfang einer sommerlichen Terror-Kampagne ist. Geheimdienst-Informationen zufolge soll die ETA in den vergangenen Tagen wenigstens drei rollende Bomben von Frankreich aus Richtung Spanien geschickt haben. Die Sicherheitskräfte sind in höchster Alarmbereitschaft, im ganzen Land und vor allem in den Urlaubshochburgen gibt es Straßenkontrollen.
Bisher hat die ETA in ihrem Krieg gegen Spanien 850 Menschen umgebracht. Das letzte Todesopfer war vor sechs Wochen ein Terroristenfahnder der Polizei, der in der Baskenstadt Bilbao mit einer Autobombe getötet wurde. „Die ETA kann noch zuschlagen, auch wenn sie geschwächt ist”, sagt ein Anti-Terror-Experte des Innenministeriums.
Mehrfach konnte die Polizei in den letzten Monaten der Bande schwere Schläge versetzen, etliche Top-Terroristen festsetzen. Seit Jahresbeginn wurden mehr als 50 ETA-Mitglieder verhaftet. Insgesamt sitzen rund 800 Terroristen in spanischen und französischen Gefängnissen - so viele wie noch nie. Aber die Terrorbande soll immer noch über etwa 200 einsatzbereite Bombenleger verfügen.