Essen. In Voerde und Bonn gelang Wählern eine Wetten-dass-reife Leistung: Sie gaben SPD und CDU genau gleich viele Stimmen. In Düsseldorf schmiss ein nackter Cowboy eine Wahlparty, und in Dortmund fand man neue Verwendungsmöglichkeiten für den Wahlzettel. Hier geht es zu den Kuriositäten des Wahltags.
Rund um die Erich-Kästner-Schule in Voerde sind die Machtverhältnisse zwischen CDU und SPD alles andere als klar. In dem Stimmbezirk mit der Nummer 130 gab es einen Patt: Jede der beiden großen Parteien holte genau 369 Stimmen (39,01 Prozent). Die Folge: Jetzt muss das Los entscheiden, erst dann steht die Sitzverteilung im Rat fest. Geht der Stimmbezirk an die in Voerde insgesamt siegreiche SPD, hätte diese 13 Direktmandate geholt, die CDU hätte mit dem Bezirk 8 Wahlbezirke direkt geholt.
Eine ähnliche Pattsituation gab es auch in Bonn: Im Wahlbezirk 12 (Dottendorf/Gronau) holten sowohl CDU als auch SPD 1307 Stimmen (26,71 Prozent). Wie kriegen die Wähler so etwas hin? Auch in Bonn entscheidet jetzt das Los über einen Sitz im Rat.
Sie haben nachgezählt, zweimal sogar
Nur knapp an so einer Hängepartie vorbeigeschrammt sind sie in Duisburgs Wahlbezirk 35: Hier holte Thomas Susen das einzige Direktmandat für die CDU - mit zwei Stimmen Mehrheit. Sie haben nachgezählt. Es blieb bei zwei Stimmen. Dann haben sie noch einmal nachgezählt. Es blieb bei zwei Stimmen.
Eine historische Niederlage gab es in Kranenburg zu bestaunen – wenn man so etwas als Niederlage bezeichnen kann: Die CDU hat nach über 60 Jahren ihre absolute Mehrheit verloren.
Mit 32 ist man halt nicht mehr der Jüngste
Ein sensationelles Wahlergebnis in Monheim: Der junge Bürgermeister Daniel Zimmermann von der Peto-Partei wurde mit knapp 95 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Das ist zwar noch kein Wert wie bei den Volkskammerwahlen in der DDR - aber das kann ja noch werden, Zimmermann ist erst 32.
Andererseits: Mit 32 ist man auch als Bürgermeister nicht mehr der Jüngste. Denn in Dormagen hat am Sonntag ein 27-Jähriger das Rathaus erobert: Erik Lierenfeld (SPD) erzielte auf Anhieb 52,1 Prozent.
Wahlparty mit Stringtanga
In Düsseldorf hatte sich auch Herbert Nussbaum (55) um das Bürgermeisteramt beworben. Die Stadt kennt ihn sonst als Straßenmusiker „Herby“, der nackt und mit Cowboyhut auftritt. Herby kommt zwar nicht mit in die Düsseldorfer Stichwahl - aber das ließ ihn am Wahlabend nicht aus der Rolle fallen: Vor dem Rathaus gab er im Stringtanga seine private Wahlparty.
Waren sie die schnellsten? In Iserlohn-Gerlingsen war bereits um 18:18 ein erstes Wahllokal mit der Ratswahl durch.
Ein Pirat zu viel auf dem Stimmzettel
In Oberhausen hat es eine erstaunliche Wahlpanne gegeben: Im Wahllokal Falkensteinschule wurden die falschen Stimmzettel ausgegeben. Zwischen 8 und 11 Uhr konnte man hier die Piratenpartei wählen, obwohl die wegen Formfehlern in Oberhausen gar nicht zur Wahl zugelassen war. Laut Stadtverwaltung ist die Panne bei der Druckerei passiert: Dort wurden zwei Versionen des Stimmzettels gedruckt, weil man lange nicht wusste, was mit den Piraten ist. Am Wahlabend wusste man dann erst einmal nicht, was man mit dem Wahlergebnis aus der Falkensteinschule machen sollte: Eine Nachwahl wurde nicht ausgeschlossen.
Kommunalwahlen 2014Probleme mit Stimmzetteln wurden auch aus Dortmund gemeldet: Der ellenlange und mehrfach gefaltete Wahlzettel der Europawahl wurde von einigen Wählern für einen Umschlag gehalten. Folge: Sie machten hier kein Kreuz, sondern legten nur die anderen Wahlzettel in die Mitte des großen weißen Zettels.
Ein Lehrfilm für Duisburgs Wahlhelfer
Bei der Bundestagswahl im September hatte es in Duisburg einige Pannen gegeben: 30 Wahlhelfer gingen zu früh nach Hause, in acht Wahllokalen stand der Vorstand plötzlich alleine da - die Stimmauszählung dauerte zweieinhalb Stunden länger als erwartet. Damit das nicht wieder passiert, hatte Duisburg seine Wahlhelfer nun erstmals mit einem zwölfeinhalb Minuten langen Film geschult. Duisburg ist neben Berlin bundesweit die einzige Kommune, die so etwas macht. Offenbar hat sich der Aufwand gelohnt: In Duisburg ging diesmal alles glatt.
Dafür haben sie in Unna diesmal nicht aufgepasst: Als das Ergebnis für die Kreistagswahl feststand, hätte die Verwaltung es eigentlich an die Landeswahlleiterin in Düsseldorf übermitteln müssen. Das geschah aber nicht. "Das ist einfach vergessen worden", sagte eine Sprecherin des Kreises am Montag. Das Warten auf Unna war einer der Gründe, warum sich die Veröffentlichung des landesweiten amtlichen Endergebnisses dann bis in die Morgendämmerung hinzog.
Wahl-Selfies und eine Schafherde - Splitter der Europawahl
Nicht nur die NRW-Stadt- und Kreisräte wurden neu gewählt, auch das Europaparlament. Rund 400 Millionen Menschen waren in 28 EU-Ländern zur Wahl aufgerufen, und auch hier gab es Kuriositäten. Splitter zur Wahl:
"Gehen Sie wählen und fotografieren Sie sich dabei!" Mit Selfies von der Stimmabgabe wollte die slowakische Tageszeitung "Sme" die traditionell miserable Beteiligung der Slowaken bei der Europawahl steigern. Geklappt hat die Aktion nun ganz und gar nicht: Das Land unterbot mit einer Wahlbeteiligung von 13 Prozent seinen eigenen Negativrekord aus dem Jahr 2004. Damals wählten zumindest 17 Prozent der Stimmberechtigten.
Einen größeren Erfolg bei der Wahl feierte ein Video des Europaparlaments. Verschiedene Charaktere erzählen in dem zweiminütigen Clip "And then came a lot of sheep" die Geschichte eines jungen Mannes nach, der zum ersten Mal an einer Wahl teilnimmt. Der Urnengang artet ziemlich aus - bis eine riesige Schafherde den Mann über den Haufen rennt. Auf Youtube wurde das Video mehr als 2,3 Millionen Mal angeschaut.
Die Europawahl 2014 spielte sich zu einem großen Teil auch in den sozialen Netzwerken ab. Unter dem Hashtag #ep2014 verschickten Twitter-Nutzer in der Woche vor der Wahl und bis bis in die Wahlnacht hinein mehr als eine Million Tweets. Laut Nachrichtenblog des Europaparlaments wurden zu Spitzenzeiten 600 Kurznachrichten pro Minute abgesetzt. Auch die europaweiten Spitzenkandidaten meldeten sich im Wahlkampffinale immer häufiger per Twitter zu Wort. Spitzenreiter unter ihnen: Martin Schulz (bzw. sein Team) mit 216 Tweets. Jean-Claude Juncker kommt auf 130 Beiträge.
Früherer belgischer König wählt zum ersten Mal seit 20 Jahren
Zum ersten Mal seit 20 Jahren hat der frühere belgische König Albert II. an einer Wahl teilgenommen. Gemeinsam mit seiner Frau Paola gab er nach Angaben des Nachrichtenblogs der Europaparlaments im Norden von Brüssel seine Stimme ab. Albert II. war seit 1993 König seines Landes und durfte deshalb nach Angaben des Blogs nicht wählen. Nach der Übergabe seiner Macht an seinen Sohn Philippe ist Albert II. nun nach zwei Jahrzehnten Abstinenz zurück an der Wahlurne.
Während der Sohnemann erfolgreich einen Parlamentssitz in Europa errang, machte sich die Mutter von AfD-Frontmann Bernd Lucke in Haan für einen Platz im Stadtrat stark. Gisela Lucke kandidierte bei den Kommunalwahlen in der knapp 30 000 Einwohner zählenden Stadt in Nordrhein-Westfalen laut "Rheinischer Post" für den Stadtrat - selbstverständlich für die AfD.
Tablets statt Stimmzettel in Athen
Bei der Europawahl in Martin Schulz' Heimatstadt Würselen bei Aachen holte die SPD nach Angaben der Stadt 51,6 Prozent, die CDU 28,4 Prozent. Schulz, jetzt Spitzenkandidat der SPD, war von 1987 bis 1998 Bürgermeister von Würselen. 2009 hatte die SPD bei der Europawahl in Würselen 37,3 Prozent erreicht.
Wahlzettel waren in einem Athener Wahllokal absolut out: Stattdessen konnten die Wähler dank eines Pilotprogramms digital ihre Stimmen abgeben. In dem Wahllokal lagen Tablet-PCs aus. Die meisten griechischen Wahlgänger nutzten allerdings weiter die Papierform. Auch Wahlgewinner Alexis Tsipras und andere Politiker kamen mit einem klassischen Wahlzettel in der Hand aus der Wahlkabine.