Essen. .

Wer schon mit zwei Jahren auf dem Eis Pirouetten gedreht hat, hat es mit 35 Jahren nicht mehr nötig, sich zu verbiegen. Tanja Szewczenko, Deutschlands ehemaliger Eislaufstar, sagt, was sich nur wenige eingestehen: „Ich wollte immer nur berühmt werden.“

Wenn sie so redet vor Publikum auf dem Essener Ideenpark, wirkt das sympathisch. Damals, in den 90er-Jahren, als sie auf Kufen die Konkurrenz vergraulte, brachte ihr das Häme ein. Sie galt als Diva.

Tanzfilme mit Opa

Als man sie bei den Wettläufen sah, die Nase hoch wie eine Primaballerina, war sie technisch perfekt. Doch während andere mit dem donnernden Applaus eins wurden, wirkte sie, als könnte sie das Scheinwerferlicht verbrennen. Sie war eine, die alles gab. Wer nicht mehr Kind sein will, begibt sich auf eine Gratwanderung mit Absturzgefahr. „Ich wollte mich abheben“, sagt sie mit diesem Blick, der bei allem Leuchten auch etwas Flehendes hat. „Ich komme aus einer ganz einfachen Familie, kein reiches Elternhaus, ich wollte anders sein. Ich kam ja von ganz unten und wollte nach ganz oben.“ Ihr Opa zeigte ihr Tanzfilme mit Marika Rökk und Fred Astaire. So wollte sie auch sein.

Damals war sie ein Kind. Verbissen übte sie ihre Doppel- und Dreifachsprünge, gönnte sich keine Pause, stand wieder auf, wenn andere schon die Schuhe in die Ecke geworfen hätten. Gerade einmal 16 Jahre alt war sie, als sie bei der Deutschen Meisterschaft in Herne der Eislauflegende Kati Witt das Comeback verhagelte.

Die Eislauf-Karriere war mit 20 dahin

Vor allem die Mutter war immer an ihrer Seite. Erst in Düsseldorf, dann im Leistungszentrum Dortmund. „Ja, sie hat mich extrem unterstützt.“ Kein böses Wort, dass ihre Erziehungsberechtigten sie nicht davon abhielten, ihren Körper zu ruinieren „Ich habe das alles selbst so gewollt.“ Tanja Szewczenko holte Medaille um Medaille, schraubte sich immer höher hinaus – und stürzte ab. Sie verletzte sich, sie kam nie mehr wirklich auf die Beine. Die Karriere war mit zwanzig dahin. Was blieb, waren Schmerzen und die Frage: was nun?

„Es war ein schwere Phase, zig Arztbesuche, Spritzen und Gehampel. Dann die Zweifel, ob ich es wieder schaffen werde.“ Sie litt unter den Schmerzen, fast noch mehr aber unter den bösen Kritiken. „Vieles war einfach ungerecht.“ Sie war am Boden zerstört.

Show, Theater und Fernsehen

Doch sie kämpfte. Redete sich ein, dass Niederlagen stark machen. „Dann hatte ich Glück. Ich wurde für eine irische Tanzshow engagiert.“ Ein Türöffner Richtung Show Theater und Fernsehen. Bei RTL war sie bei „Unter uns“, heute hat sie eine Rolle bei den „Anrheinern“. Sie findet das toll, weil es sich gut mit ihrem Job als Mutter in Einklang bringen lässt. Ihre Tochter Jona Valentina ist ein Jahr alt und hält sie so auf Trab, dass die 16 Kilo plus weg sind. „Nein, sie muss keine Eisläuferin werden. Ich war schon dreißig Jahre in Eishallen, ich möchte jetzt nicht nochmal dreißig Jahre als Begleitung in Eishallen herumstehen.“

Sie hatte ihren Traum. Heute sagt sie, sei sie bodenständig. Und träumt trotzdem – davon, endlich Zeit zu haben, ihren Partner und Eislauf-Kollegen Norbert Jeschke zu heiraten. „Aber nicht auf dem Eis, das ist uns zu kalt.“