Berlin. . Die Bundesregierung sieht nach dem Tod Osama bin Ladens keine zusätzliche Verschärfung der Sicherheitslage. Zwischen der CSU und der FDP ist jedoch neuer Streit um die Anti-Terrorgesetze entbrannt.
Das politische Berlin lag noch im Tiefschlaf, da setzte in einem roten Backsteingebäude im Stadtteil Treptow erste Betriebsamkeit ein. Im gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) der deutschen Sicherheitsbehörden war um 5.30 Uhr die erste Nachricht von der Erschießung Osama bin Ladens Auftakt zu einer langen Reihe von Sitzungen.
Die von Günther Heiß, dem Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, vorgegebene Schlüsselfrage lautete: Was bedeutet die Ausschaltung des meist gesuchten Terroristen der Welt für die innere Sicherheit? Vorläufiges Fazit: Die Anschlagsgefahr bleibt wie sie war – hoch.
Außenminister Guido Westerwelle war einer der ersten, der am Morgen seine Sorge formulierte: Weil es den Amerikanern gelungen sei, bin Laden zu töten, könnten Vergeltungsschläge islamistischer Extremisten auch auf deutschem Boden nicht ausgeschlossen werden. Credo des FDP-Vorsitzenden: Die Demokratie müsse wehrhaft bleiben.
CSU will Anti-Terrogesetze verlängern
Was Bundesinnenminister Hans Peter-Friedrich darunter versteht, ließ er kurz vor seinem Abflug zu Konsultationen in Washington erkennen. Der CSU-Politiker sprach sich für die Verlängerung all jener Anti-Terror-Gesetze aus, die vorherige Bundesregierungen im Nachklang der Anschläge vom 11. September 2001 verabschiedet hatten.
Friedrichs Verweis auf die kürzlich in Düsseldorf und Bochum vom Bundeskriminalamt (BKA) vereitelten Anschlagspläne muslimischer Extremisten wurde ergänzt um die Vermutung, dass sich nach bin Ladens Ableben einige der rund 130 als sehr gefährlich eingestuften Islamisten in der Bundesrepublik zur Racheakten aufgerufen fühlen könnten. Nähere Erkenntnisse? Keine. Darum, so Friedrich, gebe es auch keinen Anlass, die Sicherheitsvorkehrungen öffentlich noch weiter zu verstärken. Vorläufig jedenfalls.
Einschätzungen, die auch die Polizeigewerkschaften vertreten. Sie sprechen sich für eine pragmatische und „ideologiefreie“ Verlängerung der Sicherheitsgesetze aus und bekommen dabei auch Unterstützung von der SPD. „Wir sind seit 2001 maßvoll mit dem Thema umgegangen, wir sollten die Anti-Terror-Gesetze darum auch verlängern“, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz.
Gesuchte Top-Terroristen
1/11
Druck auf die FDP wächst
Der Druck auf die FDP wird dadurch immer stärker. Die Liberalen, an vorderster Front Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sprechen sich unverändert dafür aus, Gesetz für Gesetz auf Sinn und verfassungsrechtliche Verträglichkeit hin zu untersuchen. Und das ohne Hektik. Die bayerische FDP-Chefin verlangt, den Fall bin Laden „nicht zu instrumentalisieren“.
Dass die Geheimdienste bei Banken, Fluglinien und Telekommunikationsanbietern weiter jederzeit Daten abfragen dürfen, dass sie in Wohnungen und Büros bei Verdacht abhören können, ohne dass ein Richter es vorher genehmigen muss, all das gilt in Regierungskreisen inoffiziell aber „bereits als so gut wie sicher“.
Das Risiko, dass bin Ladens Ende ihn zu einem Märtyrer werden lassen könnte, für den hierzulande junge, zornige Muslime Hunderte in den Tod zu reißen bereit wären, werde die Kanzlerin „niemals eingehen“, sagte ein hoher Sicherheitsbeamter. Merkel selbst hatte ihre Meinung zur Nachricht des Tages zuvor ungewöhnlich klar formuliert. „Ich freue mich, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.