Sydney. .
Hunderte Australier gingen am Freitag auf die Straße, um gegen die Inhaftierung von Julian Assange zu demonstrieren. Die Proteste richteten sich vor allem gegen Regierungschefin Julia Gillard. Sie hatte ihm unverantwortliches Verhalten vorgeworfen.
Nach den Hacker-Angriffen im Internet haben sich Unterstützer von Wikileaks auch mit Protestkundgebungen auf der Straße hinter die Enthüllungsplattform und ihren Chef Julian Assange gestellt. In Assanges Heimatland Australien demonstrierten am Freitag hunderte Menschen gegen seine Inhaftierung. Zuvor hatten Hacker Cyber-Attacken auf Unternehmen gestartet, die ihre Zusammenarbeit mit Wikileaks einstellten.
Demos für Assange
Mit Spruchbändern und Plakaten versammelten sich in mehreren Städten des Landes hunderte Wikileaks-Unterstützer und forderten die australische Regierung auf, sich für Assanges Rechte einzusetzen. Die Proteste richteten sich vor allem gegen Regierungschefin Julia Gillard. Diese hatte dem 39-jährigen Assange wegen der Veröffentlichung von US-Geheimdepeschen durch Wikileaks vorgeworfen, „in grober Weise unverantwortlich“ gehandelt und einen „illegalen Akt“ begangen zu haben.
Angriff auf Amazon blieb ohne Erfolg
“Komm’ schon Julia, welches Gesetz hat Assange gebrochen“, war auf einem der an Gillard gerichteten Plakate der Demonstranten vor dem Rathaus in Sydney zu lesen. „Unabhängig davon, was man von Wikileaks oder Julian Assange hält, hoffen wir, dass sich die Regierung zu grundsätzlichen Prinzipien bekennt“, sagte der Sprecher der Aktivisten-Gruppe GetUp!, Paul Mackay. Dazu zählten der Zugang zu einem fairen Verfahren und die Unschuldsvermutung.
Vor den Kundgebungen in Australien hatten sich die Unterstützer von Wikileaks vor allem im Internet formiert. Die Hacker-Gruppe Anonymous legte mit Angriffen vorübergehend die Websites von Visa und Mastercard lahm. Die Kreditkartenunternehmen hatten nach der Veröffentlichung der geheimen US-Diplomatendepeschen Kreditkartenzahlungen an die Plattform eingestellt.
Was ist Wikileaks?
Enthüllen und aufklären – das wollen die Erfinder von WikiLeaks. Auf ihrer Homepage werden geheime Dokumente veröffentlicht, die Skandale aufdecken: über die Kundus-Affäre, über Scientology - und aktuell Zehntausende US-Berichte.
Auf der Internet-Plattform WikiLeaks kann jeder anonym Dokumente veröffentlichen, wenn sie im öffentlichen Interesse stehen. So wurden auf der Plattform bereits Unterlagen, die Steuertricks der Schweizer Privatbank Julius Bär offenbaren, Handlungsanweisungen für das US-Gefangenenlager Guantanamo und geheimes Scientology-Material oder die Mitgliederliste der rechten British National Party veröffentlicht. Auf WikiLeaks wurden auch große Teile der Kundusakte sowie ein Video öffentlich gemacht, das zeigte, wie US-Soldaten in Bagdad unbewaffnete Zivilisten erschießen.
Dabei prüft Wikileaks nach eigenen Angaben jedes Dokument auf seine Echtheit. Das Restrisiko, auf eine Fälschung hereinzufallen, liege bei höchstens einem Prozent. Um die Informationen öffentlich zu machen, wurde ein System „für die massenweise und nicht auf den Absender zurückzuführende Veröffentlichung von geheimen Informationen und Analysen“ geschaffen, wird auf der Homepage behauptet. Serverkosten, Registrierungs-Gebühren, Bankgebühren und Bürokratie-Kosten werden durch Spenden von Privatpersonen finanziert. Geld von Unternehmen oder Regierungen nimmt WikiLeaks laut Erfinder Julian Assange nicht an. (vk)
Auch die Seite von Amazon, von dessen Servern Wikileaks in der vergangenen Woche verbannt worden war, wurde angegriffen, anscheinend aber ohne Erfolg. Das Bezahlsystem Paypal schaltete das zuvor gesperrte Konto von Wikileaks nach einem Hacker-Angriff wieder frei.
Assange will einen Computer im Knast
In den Niederlanden wurde ein 16-Jähriger festgenommen. Er habe zugegeben, sich an den Hacker-Angriffen auf die Seiten von Visa und Mastercard beteiligt zu haben, erklärte die Staatsanwaltschaft. Der Jugendliche sei „wahrscheinlich Teil einer größeren Hacker-Gruppe“.
Assange war am Dienstag in London verhaftet worden, weil die schwedische Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung ermittelt. Er wurde mittlerweile in eine gesonderte Zelle eines Gefängnisses im Südwesten Londons verlegt. Die Gefängnisverwaltung habe die Verlegung „zu seiner Sicherheit“ am Donnerstag angeordnet, sagte Assanges Anwältin Jennifer Robinson am Freitag. Assange habe in der Haftanstalt jedoch Probleme, weil er „keine Erholung bekommt, nur mit Schwierigkeiten nach draußen telefonieren kann und allein ist“. Assange habe in der Haft zudem keinen Zugriff auf einen Computer, kritisierte Robinson. Es falle ihm schwer, mit der Hand zu schreiben, weshalb er zur Vorbereitung einer geplanten Justizbeschwerde einen Laptop brauche.
Seine Mutter glaubt nicht an die Vorwürfe
Insgesamt sei Assange in „sehr guter Verfassung“, sagte die Anwältin. Es ärgere ihn aber, dass er nicht selbst auf Vorwürfe gegen Wikileaks wegen der Online-Attacken auf große Firmen reagieren könne, für die das Enthüllungsportal nicht verantwortlich sei. Über seine Auslieferung nach Schweden wurde noch nicht entschieden.
Assanges Mutter wies die Vorwürfe gegen ihren Sohn zurück. „Julian und Vergewaltigung, ganz ehrlich - niemals“, sagte Christine Assange dem australischen Rundfunksender Seven Network. Sie mache sich große Sorgen um ihren Sohn: „Diese gewaltigen Kräfte haben entschieden, ihn zu stoppen, und sie werden nicht nach den Regeln spielen.“