Düsseldorf. Der Berliner DJ Alle Farben spricht im Interview über einen Bühnen-Sturz, Strom-Ausfälle und warum er jetzt erst den Führerschein macht.
Du fühlst dich auf großen Festival-Bühnen genauso zuhause wie in kleinen Clubs – wo liegt der Unterschied?
Alle Farben: Wenn Du in einem kleinen Club spielst, hast du anschließend das Gefühl, Du kennst jeden vom Sehen. Du bist ein Teil von Ihnen. Bei der größten Bühne spielst Du mit den Leuten – wenn du Dich zum Beispiel nach rechts bewegst, bewegen sie sich auch nach Rechts. Das ist natürlich ein wahnsinniges Gefühl.
Und wie ist es im größten Club der Welt – dem World Club Dome?
Alle Farben: Oben auf der Mainstage bist Du für die Leute nur ein kleiner Punkt. Und ich wiederum kann die Menschen im Publikum nicht zählen – das ist schwer zu fassen.
Das Line up beim WCD besteht unter anderem aus Künstlern, die es in Sachen EDM-Sound ordentlich krachen lassen – du stehst eher für einen feinfühligeren Sound. Wie gehst Du damit um?
Alle Farben: Ich verbiege mich nicht groß. Die Lieder spiele ich etwas kürzer auf der großen Bühne. Bei einem Festival sind da viele Leute aus verschiedenen elektronischen Musik-Genres, die für die größeren Acts kommen. Denen möchte ich auch etwas bieten – nicht nur meinen Fans. Deshalb spiele ich etwas knackiger.
Sind denn auch viele Leute nach Düsseldorf wegen Dir gekommen?
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Alle Farben: Oh ja, wir hatten selten so viele Rückmeldungen im Vorfeld. Definitiv freuen sich einige Besucher speziell auf meinen Auftritt. Dabei ist das nicht unbedingt die perfekte Bühne für mich, weil ich dieses Geballer nicht bieten kann.
Ist es nicht sogar noch spannender für einen DJ, wenn 80 Prozent der Besucher eher einen anderen Musik-Stil mögen?
Alle Farben: Ja, diese dann zu halten zum Tanzen zu bringen, ist meine Aufgabe. Wenn man es schafft, diese Leute zu überzeugen, kann man neue Fans gewinnen.
Hast Du wieder Live-Musiker dabei?
Alle Farben: Ja, einen Trompeter.
Dann kann ja nix schiefgehen…
Alle Farben: Wie man einen Strom-Ausfall überbrückt, weiß ich ja seit Parookaville (lacht) Da hatte es in mein Equipment mit Mikrofon CD-Player und Mixer reingeregnet und wir haben live einfach mit dem Publikum weitergemacht. Das war echt Wahsinn.
Und gibt Selbstvertrauen, wenn mal was schiefgeht…
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Alle Farben: Wenn ich bei anderen Künstlern sehe, dass 15 Minuten Stromausfall bedeuten, dass 15 Minuten gar nichts passiert, ist es schön, wenn man mit Live-Elementen in einer solchen Situation weitermachen kann.
Schon mal überlegt, eine kurze Jam-Session am Ende deines Sets einzulegen?
Alle Farben: Nein, das würde nicht so gut kommen, wenn es nicht spontan passiert.
Deine veröffentlichten Singles passen perfekt ins Radio – wie passt das zu Deinem Live-Output als DJ?
Alle Farben: Ich spiele eigene Versionen, die etwas abgewandelt und clubtauglicher sind.
Du hast in diesem Jahr vier Singles veröffentlicht, wovon drei in Deutschland gechartet sind. Ausgerechnet die schöne Kollaboration "Build A House" mit Stefanie Heinzmann hat es nicht geschafft – wie erklärst Du dir das?
Alle Farben: Das hat leider eher politische Gründe. Der Song ist nicht auf dem Label erschienen, wo ich sonst bin. Das ist total schade und bietet immer Konflikt-Potenzial. Ich hätte das Lied gerne genauso gut beworben und Vollgas gegeben wie sonst auch. Aber so waren uns etwas die Hände gebunden.
Nervt das nicht? So viel Politik im Hintergrund?
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Alle Farben: Mich nervt das total. Wenn das nach mir gehen würde,… - ich bin halt noch gebunden und vielleicht ändere ich das auch mal. (überlegt) Für die Zukunft werde ich auf jeden Fall wieder anstreben ein eigenes Label an den Start zu bringen. Die Distribution in andere Länder ist zwar schwierig, aber wenn du es auf Spotify und den anderen Plattformen rausbringen kannst, ist schon die Hälfte getan.
Du warst in diesem Jahr Trauzeuge bei einer echten Festival-Hochzeit in Parookaville – wie war das?
Alle Farben: Das war eine coole Sache mit einem tollen Pärchen. Wir haben noch den ganzen Tag mit denen zusammen gefeiert, bis die Musik ausging. Solch außergewöhnliche Aktionen finde ich klasse – so wie bei den Events des World Club Dome auf einem Schiff oder in einen Flieger. Schade war allerdings beim Flugzeug, dass man da nicht richtig tanzen durfte. Es ist spannend, dass ich mit dem, was ich mache, an solche Orte und so etwas erleben darf.
Dein konkretes Ziel in diesem Jahr ist der Führerschein. Wie weit bist Du denn?
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Alle Farben: Das Problem ist, dass man innerhalb von zwölf Monaten nach der Anmeldung die theoretische Prüfung machen muss. Mitte Dezember steht nun der Test an. Dafür übe ich gerade fleißig mit einer App.
Du bist 33 Jahre - warum machst den Führerschein erst jetzt?
Alle Farben: Weil ich ihn in meiner Heimat Berlin nie brauchte. Das hat keinen Sinn gemacht, mein Geld dafür auszugeben. Da habe ich mir lieber zwei Technics-Plattenspieler gekauft, während die anderen den Führerschein gemacht haben. Für meine Karriere war die Entscheidung ganz gut… (lacht)
Du bist mal von der Bühne gestürzt?
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Alle Farben: Gestürzt ist gut… Da stand ein Podest auf einem Podest und darauf das DJ-Pult – was ich nicht gesehen habe, war dass es vorne weiter runter geht als hinten, da dort die Beleuchtung fehlte. Ich bin zum Drop darunter gesprungen und das waren halt über drei Meter. Da habe ich mir das Knie kaputt gemacht und drei Monate lang Stress mitgehabt-
Das passiert einem aber nur einmal im DJ-Leben oder?
Alle Farben: So ein Sturz bestimmt – hoffe ich… Aber wenn man sich während einer lebendigen Show bewegt und mitgeht, kann immer mal was passieren.
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Apropos Show – du bist bald in Oberhausen mit einer großen Solo-Show in der Turbinenhalle. Was können die Besucher dort erwarten?
Alle Farben: Da sind wir mit dem vollem Team. Das wird eine komplett fette Show – auch mit Live-Elementen und Gesang.
- Tickets für „Alle Farben & Friends“ am Freitag, 21. Dezember, in Oberhausen gibt es im Vorverkauf auf der Homepage der Turbinenhalle.