Witten. Nachdem der Automobilzulieferer Galladé den Beschäftigten mit Insolvenz gedroht hatte, zog der Betriebsrat die Notbremse und meldete selbst Insolvenz an. Hintergrund sind ausstehende Lohnzahlungen und die Tatsache, dass die Stadtwerke der Firma am Donnerstag den Strom gekappt haben.

Das Blatt hat sich gewendet: Der Betriebsrat des Automobilzulieferers Gallade´ hat am Donnerstag (15.10.) selbst die Insolvenz eingereicht. Einen Tag zuvor soll noch die Geschäftsführung mit diesem Schritt gedroht haben, wenn die Belegschaft die Arbeit nicht wieder aufnehme. Der Auslöser für die Initiative des Betriebsrates: Um zwölf Uhr stellten die Stadtwerke am Donnerstag den Strom ab.

„Das war für uns der Anlass, selbst tätig zu werden”, sagt der Betriebsratsvorsitzende Frank Ellerkamp. Die Betriebsräte sammelten 150 Unterschriften der Wittener Belegschaft und fuhren kurzerhand zum Amtsgericht nach Bochum. „Die Situation hier war unerträglich geworden”, sagt Ellerkamp, „das Leben der Leute hier ist zerstört”.

Manfred Gottschalk aus Herdecke ist Insolvenzverwalter

Um 14.30 Uhr war der Insolvenzantrag bereits durch, obwohl er „völlig formlos” war, Manfred Gottschalk aus Herdecke als Insolvenzverwalter bestimmt. „Das war ein Befreiungsschlag für alle”, sagt Oskar Schröder, Sachverständiger des Betriebsrates.

Nur wenige Stunden zuvor waren morgens noch gut 100 Mitarbeiter mit Trillerpfeifen durch die Innenstadt marschiert. Vor dem Rathaus gaben sie sich kämpferisch. „Die Verantwortung liegt einzig und allein bei der Geschäftsführung, die glaubt, uns mit erpresserischen Methoden in die Knie zu zwingen”, ruft Ellerkamp, „aber das wird nicht passieren”. Die Drohung mit der Insolvenz stand zu dem Zeitpunkt noch im Raum.

„Wir haben heute Morgen von unserer Geschäftsführung erfahren, dass wir erst bezahlt werden, wenn wir die Arbeit wieder aufnehmen,” erklärt Ellerkamp. Doch sie würden erst arbeiten, wenn sie ihr Gehalt bekommen haben. „Wir haben einen Anspruch auf das Geld, denn wir haben dafür bereits gearbeitet”, so Ellerkamp. Bisher haben die Mitarbeiter erst zehn Prozent ihres September-Lohns erhalten.

In Witten sind 250 Beschäftigte betroffen

Das Problem der Belegschaft: „Wir sind hier in einem rechtsfreien Raum”, sagt Betriebsrat Volker Keller. Man erhalte nicht nur kein Geld vom Arbeitgeber, sondern könne auch keine andere Hilfe in Anspruch nehmen, nicht zur Arbeitsagentur gehen.

In Witten sind 250 Beschäftigte betroffen. „Insgesamt hängen da aber bestimmt 1500 Menschen dran, die durch die Situation in Not geraten sind”, sagt Keller, der seit 15 Jahren bei Gallade´ arbeitet. Denn nicht nur die Mitarbeiter warteten auf ihren Lohn, sondern auch die Zulieferer, die derzeit ebenfalls kein Geld erhielten.

„Je länger dieses schwebende Verfahren anhält, umso kritischer wird es”, sagt Betriebsrat Keller. „Denn unsere Kunden brauchen die Teile und wenden sich sonst an einen anderen Zulieferer.” Aus diesem Grund zogen die Betriebsräte einige Stunden später die Notbremse. Während der vorläufigen Insolvenz sind die Löhne für drei Monate gesichert.