Witten. Es geht weiter beim zahlungsunfähigen Automobilzulieferer Galladé in Witten. Das ist die zentrale Botschaft des Insolvenzverwalters an die Belegschaft. Der Anwalt hat bereits Kontakt zu großen Kunden wie Daimler, VW und Opel aufgenommen. In Kürze sollen die Mitarbeiter auch Geld erhalten.
Sie stehen dicht beisammen in einer Halle auf dem Betriebsgelände. Es ist Tag eins nach Anmeldung der Insolvenz. Bei der Betriebsversammlung des Automobilzulieferers Galladé ist die Stimmung jedoch nicht so betrübt, wie es die Situation vielleicht vermuten lässt. Vielmehr berichten Augenzeugen von dem Aufatmen, das durch die Belegschaft geht, als der Betriebsratsvorsitzende Frank Ellerkamp verkündet: „Die italienischen Wochen bei Galladé sind vorbei.” Applaus erfüllt die Halle.
Bereits in der Nacht zum Freitag, nur wenige Stunden nachdem der Betriebsrat mit 150 Unterschriften der Belegschaft unterm Arm beim Amtsgericht Bochum Insolvenz anmeldete, hatten die Stadtwerke den Strom wieder angestellt. „Es drohte die Gefahr, dass die Programmierung für die Anlagen verloren geht”, erklärt Insolvenzverwalter Manfred Gottschalk. Ein Schaden sei nicht entstanden.
Anwalt hat bereits Kontakt zu Kunden
„Es geht weiter”, das ist die zentrale Botschaft des Anwaltes an die Belegschaft. Er habe bereits Kontakt zu Kunden wie Daimler, VW und Opel aufgenommen. Insgesamt seien es rund 30 Kunden. „Die brauchen die Produkte natürlich, damit ihre eigene Produktion nicht zum Stillstand kommt”, so Gottschalk. „Das droht bereits bei einigen.”
Deshalb sei es nun wichtig, die Arbeit wieder aufzunehmen. Es gelte, möglichst schnell nicht nur den normalen Betrieb zu gewährleisten, sondern auch Extraschichten zu schieben. Mit der Mittagsschicht sollte es am Freitag wieder losgehen. Und: „In drei Schichten wollen sie am Wochenende nacharbeiten”, sagt Gottschalk, damit so das nachgeholt werde, was durch die Stilllegung liegen geblieben ist.
Kommentar von Jürgen Augstein: Kleine Zeichen der Hoffnung
Nach dem „schwarzen Donnerstag”, als bei Galladé im wahrsten Sinne des Wortes das Licht ausging, gab es gestern wieder einen Hoffnungsstrahl. Die Belegschaft hat die Arbeit aufgenommen, in wenigen Tagen soll wieder Geld fließen, und der Insolvenzverwalter will einen Investor suchen. Das klingt ermutigend, ist aber noch keine Rettung.
Der Gang zum Insolvenzrichter war offenbar ein überfälliger Schritt. Endlich kommt bei dem krisengeschüttelten Automobilzuliefer wieder Bewegung hinein. Die Belegschaft ist hoch motiviert und die Kunden halten ihr hoffentlich die Stange. Und die italienischen Investoren? Sie machen sich offenbar aus dem Staub. Hoffentlich hinterlassen sie nicht nur verbrannte Erde. Positiv ausgedrückt: Vielleicht ist der Weg jetzt frei für einen Neuanfang. Zu wünschen wäre es.
Das erste Insolvenzgeld sollen die Mitarbeiter in einigen Tagen erhalten. Gottschalk: „Vielleicht schon Ende nächster Woche.” Das Geld werde von ihm vorfinanziert, um den Beschäftigten schnell aus ihrer präkeren Situation zu helfen. „Das ist ein großer organisatorischer Vorgang.” Ab Oktober werde ganz normal gezahlt – bis Anfang Dezember.
Produktion hat Priorität
Zu den Vorwürfen der Insolvenzverschleppung und Geldwäsche wollte sich der Insolvenzverwalter zu diesem Zeitpunkt noch nicht äußern. „Ich weiß da nichts zu, ich weiß nicht, ob da irgendwas nicht in Ordnung war”, sagt er. „Ich muss diesen Vorwürfen zu einem späteren Zeitpunkt nachgehen.” Priorität habe zunächst die Produktion, damit Kunden nicht abspringen. Später wolle er einen Investor suchen.
Die Kunden seien sehr kooperativ gewesen. Sie hätten Hilfe angeboten, falls es Probleme mit der Liquidität gebe, so Gottschalk. „Die Bankkonten sind natürlich leer.” Das Geld sei immer „hier rein und da wieder raus” gegangen. Unterstützungszahlungen der italienischen Gesellschafter bleiben zudem künftig aus.
Gottschalk wies daraufhin, dass auch die Geschäftsführung aus Italien noch am Donnerstagnachmittag per Fax Insolvenz einreichte – für Witten und Bochum. Somit sind insgesamt 320 Mitarbeiter betroffen. Der Insolvenzverwalter kümmert sich um beide Werke. Die Mitarbeiter seien „ausgesprochen motiviert”, das habe auch die Betriebsversammlung gezeigt. Der Betriebsratsvorsitzende schickte dabei seine Kollegen mit den Worten: „Arbeitskleidung an und los geht's!” wieder an die Arbeit.
Ein Wort verliert Gottschalk noch über den bisherigen Generalbevollmächtigten: „Herr Romagnoli ist nicht mehr hier. Er ist heute Morgen abgereist – gen Italien.”