Witten. . David gegen Goliath - oder Cornelia Becker gegen die LEG: Der Wohnungskonzern wollte erneut die Miete erhöhen, was sich die 52-Jährige nicht gefallen ließ. Daraufhin verklagte sie der Konzern. Ohne Erfolg. Die Herbederin verließ das Wittener Amtsgericht als strahlende Siegerin.

Es ist ein Sieg zweier Mieter gegen den Wohnungsriesen LEG: Das Amtsgericht entschied am Montag, dass eine Mieterhöhung von 4,87 auf 5 Euro pro Quadratmeter in der Herbeder Knappensiedlung nicht gerechtfertigt ist. Das Unternehmen lege bei der Berechnung falsche Maßstäbe an.

Eine der beiden, die die Mieterhöhung nicht mitmachen wollten, ist Cornelia Becker. Sie widersprach einer Steigerung und nahm damit die Klage der LEG Immobilien AG in Kauf - mit Erfolg, wie sich gestern zeigte. Ihr juristischer Sieg könnte Signalwirkung haben und viele Mieter ermutigen, gegen die Preisschraube nach oben vor Gericht zu ziehen. Auslöser des Streits war ein Brief, der der 52-jährigen im Mai ins Haus flatterte.

6,69 Euro mehr im Monat

Aufgrund des aktuellen Mietspiegels passe man die Miete der knapp 52 Quadratmeter großen Wohnung an, so die LEG - 13 Cent mehr pro Quadratmeter, ein Plus von 6,69 Euro pro Monat. „Schon das Jahr davor wurde die Miete erhöht“, sagt die Herbederin. „Aber da wusste ich noch nicht, dass das nicht rechtens ist.“

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Beim Mieterverein hatte sich Cornelia Becker Unterstützung geholt. Dort sagte man ihr das, was jetzt auch das Amtsgericht feststellte. Die Erhöhung der LEG sei mehr als mutig, meinte Richter Dr. Harald Berning. Er hält es für nicht gerechtfertigt, dass das Unternehmen bei seinen Berechnungen vom höchstmöglichen im Mietspiegel angegebenen Quadratmeterpreis ausgeht. „Die Wohnungen sind nicht in einer Top-Lage und besitzen auch kein Hochgeschwindigkeits-Internet.“ Erst wenn diese oder ähnliche Kriterien erfüllt seien, so der Richter, könne im Einzelfall vom höchsten Quadratmeterpreis ausgegangen werden.

Alte Bäder und bröckelnde Hauswände

Davon könne aber keine Rede sein, sagt Cornelia Becker: „Wir wohnen 30 Jahre hier. Wir haben immer noch das alte Bad und die Hauswand bröckelt schon.“ Bei der Neuberechnung der Mieten ging die LEG trotzdem von dem im Mietspiegel angegebenen Oberwert von 5,86 Euro aus, der für Wohnungen in den rund 60 Jahre alten Bergarbeiterhäusern der Knappensiedlung gelten darf. Hiervon gehen unter anderem noch Mängelabschläge ab, am Ende sollten es die genannten fünf Euro sein.

Richter Harald Berning hält es für angemessen, vom Mittelwert auszugehen, also 5,12 Euro. Kurios: In diesem Fall läge die Miete der Beckers nach Mängelabzügen von 40 Cent - etwa für fehlende Bodenbeläge - sogar unter ihrer jetzigen. Auf eine Mietsenkung haben sie deshalb aber keinen Anspruch. Berning nannte den jetzigen Preis „betoniert“.

Kritik vom Mieterverein

„Die erhöhen jedes Jahr die Mieten. Dann denken sich die Leute: Wegen den zehn Euro mache ich jetzt nicht so einen Aufwand“, prangert der Sprecher des Mietervereins, Knut Unger, die Handhabe der LEG an. Das Unternehmen wolle damit den Immobilienwert über den tatsächlichen Marktwert heben, um den eigenen Aktienkurs zu stützen - und nehme dafür auch ein paar Prozesse in Kauf. Weil die meisten die erhöhte Miete über sich ergehen ließen, lohne es sich für die LEG. Der streitbare Unger spricht von einem „Geschäftsmodell Massenabzocke“.