Witten. Einen Alptraum haben eine Mutter und ihr Baby in Witten erlebt: Der acht Monate alte Andy saß eine Dreiviertelstunde allein im Aufzug fest. Die Lift-Tür war zugefallen, als seine Mutter noch draußen stand - und ließ sich nicht mehr öffnen. Auch Polizei und Feuerwehr konnten den kleinen Mann nicht befreien.

Kleiner Mann in großer Not: Der acht Monate alte Andy Nguyen saß am Mittwochnachmittag eine Dreiviertelstunde allein im Aufzug fest. Wohl noch größere Nöte durchlitt seine Mutter Yen Ha Nguyen (29), die ohnmächtig vor der verschlossenen Aufzugstür ausharren musste.

Die Vietnamesin aus Wuppertal und ihr Söhnchen, das in zwei Tagen neun Monate alt wird, besuchten Freunde ganz oben in einem fünfstöckigen Mehrfamilienhaus in der unteren Bahnhofstraße. Beim Abschied passierte es: Die Mutter schob den Kinderwagen mit dem Kleinen in den Aufzug und drehte sich noch einmal kurz um. In diesem Moment fiel die schwere Schachttür (die äußere Tür) zu und unten im Haus forderte jemand per Knopfdruck den Aufzug an. Daraufhin schloss sich auch die Kabinentür (die innere Tür) – aber leider nicht ganz, denn einem am Kinderwagen befestigte Tasche blockierte die Schiebelemente der Tür. Der Aufzug konnte nicht runterfahren. Schlimmer noch: Auch die äußere Tür ließ sich nicht mehr öffnen.

Nach Schlaf folgt Geschrei

Der kleine Andy bekam davon zunächst wenig mit: Er verschlief die erste Hälfte des Dramas. Seine Mutter, die ihn durch das Sichtfenster der äußeren Tür und den offenen Spalt der inneren Tür beobachten aber nicht zu ihm gelangen konnte, durchlitt schlimme Ängste und Nöte. Sie kämpfte mit den Tränen. Nach 20 Minuten wachte auch noch der kleine Andy auf und fing an zu weinen.

Drei bis vier Aufzugeinsätze der Feuerwehr im Monat

Nach Angaben des Monteurs handelte es sich am Mittwoch um eine seltene Störung: „Das war ein Anwenderfehler. Im Normalfall steckt keiner was in die Tür, sodass diese sich nicht schließen kann.“

Wittens Feuerwehr wird drei- bis viermal im Monat gerufen, weil jemand im Aufzug feststeckt. Von anderen Fällen erfährt sie nichts: Der Notruf im Lift verbindet in der Regel direkt mit der Aufzugsfirma.

Bittere Ironie des Zwischenfalls: Der acht Monate alte Junge war weder in der Lage, die Tasche zu entfernen, die die innere Schiebetür blockierte, noch konnte er den Notruf betätigen.

Die befreundete Familie aus dem Haus rief Polizei und Feuerwehr herbei. Streifenwagen, Rettungswagen und ein weiteres Feuerwehrfahrzeug standen schon bald in der Bahnhofstraße. Doch die Einsatzkräfte konnten zunächst nicht viel tun, außer „die Nerven zu behalten“ und beruhigend auf die Mutter und die Hausbewohner einzuwirken, erläuterte wenig später Frank Kaszemekat, Einsatzleiter der Feuerwehr. Grund: Die meisten Aufzugtüren lassen sich zwar mit einem handelsüblichen Dreikantschlüssel öffnen. Für den älteren Aufzug im Haus an der Bahnhofstraße war aber ein Schlüssel mit Schlüsselbart erforderlich, wie man sie von Wohnungstüren. Im größter Not hätten seine Leute die Türen zwar aufbrechen können, so Kaszemekat. „Das wäre fürs Gebäude aber unschön geworden.“

Mit dem passenden Schlüssel traf eine Dreiviertelstunde nach Beginn des Aufzugdramas der Monteur eines Bochumer Störungsdienstes ein – er kam von einem Auftrag in Hagen. Als er die Türen notenriegelt hatte, konnte, die Mutter ihren Sohn endlich wieder in die Arme schließen. Wieder flossen Tränen, dieses Mal waren es Freudentränen.