Witten. . Immer mehr junge Obdachlose meldet die Diakonie in Witten. Einige Hilfesuchende seien erst zwischen 18 und 25 Jahren alt. Vielen mangelt es an geordneten Familienverhältnissen. Drogensucht und Alkoholismus treten manchmal an die Stelle einer ordentlichen Erziehung.

Die Wohnungslosenhilfe der Diakonie rüstet sich für die kalte Jahreszeit. In der Einrichtung für Obdachlose finden rund 300 Menschen Hilfe. Immer häufiger sind junge Wittener unter ihnen, die Probleme haben, ein Leben in geregelten Bahnen zu führen.

Doris Bergrath öffnet einen großen Kleiderschrank im Untergeschoss des Diakonie-Hauses in der Röhrchenstraße. Darin stapeln sich die Kleidungsstücke für die kalte Jahreszeit: dicke Socken, lange Unterhosen und gefütterte Wintermäntel. „Wir sind gerade dabei alles durchzuwaschen“, erklärt die 63-Jährige. Bald werden Wittens Obdachlose froh sein, sich damit vor der Kälte schützen zu können. Die Diakonie-Mitarbeiter sehen sich kurz vor dem Kälteeinbruch gut aufgestellt. „Die Kleiderkammer ist gut gefüllt“, sagt Rolf Ellmer, Leiter der Wohnungslosenhilfe.

Obdachlose immer jünger

Im Untergeschoss des Diakoniegebäudes erhalten Obdachlose nicht nur wärmende Kleidung, sondern kommen zum Frühstück und Mittagessen in warmen Aufenthaltsraum. Ob Bratwurst mit Gemüse, Käse-Lauch-Suppe oder Eintopf – alle Gerichte kosten 1,60 Euro. Diese Mahlzeiten gibt es hier zum Selbstkostenpreis. Im Notfall auch als Spende. Für mehr als 300 Wittener eine wichtige Stütze in ihrer größten Notlage.

Obwohl ein möglicher Wohnungsverlust dramatisch erscheint, ist die Situation in Witten nicht so schlimm wie in Dortmund. „Hier erfriert niemand im Park“, erklärt Ellmer. Viele seiner Klienten kämen letztlich bei Bekannten unter. Der 55-Jährige Sozialarbeiter macht sich jedoch Sorgen um die jüngste Entwicklung. „Die Not wird eher größer, als geringer“, meint der Diakonie-Mitarbeiter. Und immer häufiger sind die Menschen, denen der Wohnungsverlust droht, erst zwischen 18 und 25 Jahren alt. Fast die Hälfte der 300 Menschen gehört inzwischen zu dieser Altersklasse. Tendenz seit rund zehn Jahren steigend.

Drogensucht und Alkoholismus treten manchmal an die Stelle einer ordentlichen Erziehung

„Zwar gibt es genügend Hilfen, um aus einer solchen schwierigen Situation wieder herauszukommen“, sagt der Sozialarbeiter. Dennoch seien geordnete Familienverhältnisse das A und O für eine in den geregelten Bahnen verlaufende Sozialisation. Daran mangelt es offensichtlich immer häufiger. Drogensucht und Alkoholismus treten dann manchmal an die Stelle einer ordentlichen Erziehung. Langfristig hat das hat Folgen für die Psyche. Die Anzahl der seelisch erkranken Hilfesuchenden hat sich in der Folge ebenso vergrößert.

Keine optimalen Voraussetzungen, um diesen Menschen wieder einen festen Wohnsitz zu verschaffen. „Ihre Einsichtsfähigkeit ist gering“, erklärt Ellmer. Im Grunde bräuchten sie in der neuen Wohnung jemanden, der ihnen zur Seite steht. Die seelische Erkrankung ist nicht die einzige Hürde für die Sozialarbeiter. Seit kurzem haben sie weniger finanziellen Spielraum für ihre Klienten. Die Mietobergrenze für Obdachlose wurde gesenkt. Von 350 Euro auf 336 Euro. Das macht es für die Frauen und Männer nicht leichter, eine neue Bleibe zu finden. „Damit müssen wir aber leben“, sagt Ellmer.

Beklagen will sich der 55-Jährige ohnehin nicht. Im Laufe seiner beruflichen Laufbahn hat es trotz manchmal großer Notlagen so manchen Lichtblick gegeben. Das kann Doris Bergrath nur bestätigen. „Manche kommen ohne Perspektive hier hin. Dann schicke ich sie zu Ellmer, der hilft ihnen weiter.“