Witten. . Die 63-jährige Renate Blitt-Enge begleitete ihren demenzkranken Ehemann acht Jahre lang. Die Beziehung zu ihrem Mann hat sich in dieser Zeit stark verändert.Der emotionale Kontakt zwischen den beiden wurde durch die Krankheit intensiver. Beim zweiten Fachtag Demenz berichtete sie von ihren Erfahrungen.
„Mein Mann war Mathematiklehrer, eigentlich hatte er Zahlen immer als Gedankenstütze gebraucht. Als er plötzlich die Geheimzahl seiner Bankkarte nicht mehr wusste, wurde mir klar, dass etwas nicht stimmte.“Acht Jahre lang hat Renate Blitt-Enge (63) ihren vor zwei Jahren gestorbenen Ehemann Hartwig in seiner Demenz begleitet und betreut. Beim 2. Fachtag Demenz am Mittwoch im Rathaus gab sie anderen pflegenden Angehörigen und professionell Pflegenden ein bewegendes Zeugnis von dieser Zeit.
Schmerzlicher Prozess
Obwohl sie selbst Sozialarbeiterin ist, wollte sie die Demenz ihres Mannes, der zusätzlich schwer an Parkinson erkrankte, nicht wahrhaben. „Es war ein sehr schmerzlicher Prozess, mitanzusehen, wie sich ein Mensch mit all seinen geistigen Fähigkeiten aufgelöst hat“, blickt sie zurück. Eine übergroße Angst sei damals über sie gekommen – „man möchte eigentlich einfach weglaufen davor.“
Die Beziehung zu ihrem Mann habe sich sehr stark verändert – „er war nicht mehr das intellektuelle Gegenüber“. Die 63-Jährige machte gleichzeitig die tröstliche Erfahrung, dass der emotionale Kontakt sogar noch intensiver wurde. Der nüchterne Naturwissenschaftler öffnete einen ganz anderen Ausschnitt seiner Persönlichkeit, ließ andere Formen der Nähe zu. „Das hat viel Kraft gegeben.“
"Kurzzeitpflege für Demenzkranke nicht geeignet"
Entscheidend war für Renate Blitt-Enge, dass sie mit ihrem Mann den Weg ins Café Vergissmeinnicht fand – ein Angebot von Mobile. Die warmherzige Aufnahme dort tat beiden gut. Unheimlich wichtig sei auch der Austausch mit anderen Angehörigen gewesen. „Da sind auch Freundschaften entstanden, die bis heute halten.“
Renate Blitt-Enge pflegte ihren Mann lange selbst, nahm dann zunehmend ehrenamtliche und professionelle Hilfen in Anspruch. Aus dieser Erfahrung kritisiert sie den „katastrophalen Schüssel der Pflegekräfte“. Die Eile, mit der diese teils arbeiten müssten, wirke sich auf Demenzkranke sehr negativ aus. Sie wünscht sich Angebote, um mal gemeinsam Urlaub machen zu können. Die Kurzzeitpflege sei für Demenzkranke nicht geeignet. „Sie brauchen eine freundliche Umgebung und Menschen, die ihnen vertraut sind.“ Bei ihrem Mann habe es nach einem solchen Aufenthalt einen regelrechten „Verschlechterungsschub“ gegeben – „das war der Anfang vom Ende.“