Witten. . Die zweite Fachtagung Demenz im Rathaus richtet sich an Betroffene, Angehörige und professionelle Betreuer.Denn Menschen, die sich rund um die Uhr um die Patienten kümmern, raten schnell in soziale Isolation. Buchautorin und erfahrene Begleiter berichten. Der TuS Bommern zeigt praktische Übungen.

Noch immer ist Demenz ein Tabuthema. Die Betroffenen, aber auch Angehörige, die sich 24 Stunden um sie kümmern, geraten schnell in die soziale Isolation. Der zweite Fachtag Demenz im Wittener Rathaus am Mittwoch, 7. November, greift zahlreiche Fragen auf, die bei der Betreuung und Versorgung von Demenzkranken auftreten. Das vom Netzwerk Demenz Witten/Wetter/Herdecke organisierte kostenlose Angebot richtet sich an ehrenamtliche und professionelle Helfer. Für Betroffene gibt es eine Betreuung und sportliche Übungen.

Vorschlag: Selbsthilfegruppe gründen

Dieter Baumann, der sind in dem Netzwerk ehrenamtlich engagiert, weiß, dass „manche Familien mit ihren Demenzkranken wie abgeschottet leben.“ Dabei, so der 78-Jährige, „ist Demenz eine ganz normale Krankheit und kein Makel, den man verstecken muss.“ Baumann hat seinen betroffene Bruder zehn Jahre bis zu dessen Tod begleitet. Die ersten Jahre war er sich der Krankheit gar nicht bewusst: „Wir haben auch Streit bekommen, ich wollte das nicht wahrhaben, mein Bruder war doch ein hochintelligenter Mann!“ Ungewollt ist Baumann zum Fachmann im Umgang mit Demenzkranken geworden. Er weiß, wie man diesen mit Spielen, Vorlesen oder dem Studieren alter Landkarten ein paar schöne Stunden kann. „Das ist eine schöne Tätigkeit, wenn man am Glänzen in den Augen sieht, dass man was Gutes getan hat.“ Baumann fordert aber auch „eine Lobby für die Angehörigen – eigentlich müssten die auch betreut werden.“ Möglicherweise sei die Gründung einer Selbsthilfegruppe der richtige Weg.

Zwei Gedächtnisse des Mensche

„Das Herz wird nicht dement“, heißt der Untertitel der Wittener Tagung. Es ist auch der Titel eines Buches, das Gabi Schotte-Lange 2009 mit Udo Baer geschrieben hat und das inzwischen in dritter Auflage vorliegt. Die Co-Autorin wird im Rathaus darüber sprechen, wie Erkrankte ihre Umwelt erleben. Die Diplom-Sozialpädagogin und Gestaltungstherapeutin arbeitet seit Jahren in der Altenarbeit mit dem Schwerpunkt dementielle Erkrankungen. Sie wird auch neue Wege der Hilfen für Betroffene erläutern. Schotte-Lange: „Der Mensch hat zwei Gedächtnisse, das des Denkens und das des Herzens. Da das letztere nicht dement wird, kann daran angeknüpft werden, um sie zu erreichen und auch das Gedächtnis des Denkens zu reaktivieren.“

Der TuS Bommern hat eine Betreuungsgruppe (mo, 14-17 Uhr), in der sieben Demenz-Patienten Koordinations- und Krafttraining machen, u.a. mit Bällen und Hanteln. „Schon nach der ersten Stunde waren die Teilnehmer lockerer und gelöster“, berichtet Dagmar Möllers vom TuS. Die geeigneten sportlichen Übungen stellt der Verein auch beim Nachmittags-Workshop vor – Mitmachen erwünscht.

Das Programm

Um pflegenden Angehörigen die Teilnahme zu ermöglichen, bietet Mobile während der Fachtagung eine Betreuung von Menschen mit Demenz an. Nur hierfür ist eine Anmeldung erforderlich:
02302 1 82 34.
Die Teilnahme an der (nach 2009) zweiten Fachtagung Demenz im Wittener Rathaus am Mittwoch, 7. November, 9.30 bis 16 Uhr, ist kostenlos.
9.30 Uhr Stehcafé
10 bis 10.30 Uhr: Grußworte von Landrat Dr. Arnim Brux und Vize-Bürgermeister Hans-Ulrich Kieselbach.
10.30 bis 11.30 Uhr: „Das Herz wird nicht dement“, Gabi Schotte-Lange, Co-Autorin des gleichnamigen Buches.
11.45 bis 12.45 Uhr: „Das Leben mit Demenz – juristische Aspekte“, Dipl.-Juristin Corinna Kaufhold.
13 bis 13.45 Uhr: Mittagspause, Angebote vor Ort.
13.45 bis 14.45 Uhr: Angehörige im Gespräch mit Renate Blitt-Enge und Kerstin Lohmann, Netzwerk Demenz.
13.45 bis 14.45 Uhr: Workshop I, „Das Erinnerungsbuch - ein guter Weg zum Verständnis dementiell erkrankter Menschen“, Ambulanter Hospizdienst Witten-Hattingen.
13.45 bis 14.45 Uhr: Workshop II, sportliche Übungen für Demenzkranke mit Kursleiterinnen des TuS Bommern
15 bis 16 Uhr: Wiederholung Workshops I und II, damit alle Interessierte beide Angebote wahrnehmen können.