Witten. . Die Veranstalter des Wittener Kultursommers werden die musikalischen Veranstaltungen weiterhin um 22 Uhr beenden. Die Stadtverwaltung bemüht sich um eine einvernehmliche Lösung für den Kulturstandort Haus Witten. Denn sie steht unter Druck.
Die Konzerte des Wittener Kultursommers 2012 werden weiterhin jedes Mal um 22 Uhr ein Ende haben. Das Ordnungsamt der Stadt Witten besitzt bei dieser Veranstaltungsreihe keinen Spielraum, will sich aber nicht den „Schwarzen Peter“ für das für viele Kulturgenießer ungewohnt frühe Ende unterjubeln lassen. Denn das Thema Lärmschutz rund ums Haus Witten ist für die Verwaltung zu einem schwierigen Balanceakt geworden.
Das regelmäßige Ende der Live-Musik noch vor Einbruch der Dunkelheit hat viele Besucher verärgert (wir berichteten). In den Jahren zuvor dauerte das stimmungsvolle Kulturerlebnis in der Ruhrstadt nämlich häufig bis in die Nacht hinein. Doch in diesem Jahr gibt es Druck auf die Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Sie sehen sich zum Eingreifen gezwungen.
Im 18. Jahr ihres Bestehens hat es erstmals eine Beschwerde gegen die beliebte Veranstaltungsreihe gegeben. „Solange jemand auf sein Recht pocht, müssen wir auf der Matte stehen“, erklärt Lena Kücük, Pressesprecherin der Stadt Witten. Denn nur damit handeln die Veranstalter nach geltendem Recht. Das Landes-Immissionsschutzgesetz, das seit 1975 gilt, schützt die Nachtruhe der Bürger von 22 bis 6 Uhr vor unzumutbaren Dezibelwerten. Und die erzeugt eine Veranstaltung wie der Kultursommer.
Kultur im Haus Witten auf der Kippe
Der Widerstand gegen den Kultursommer könnte auf Dauer gravierende Folgen für den Veranstaltungsort haben. Ein Anwohner hat gegen die Stadt Witten eine Unterlassungsklage eingereicht. „Wird der Klage stattgegeben, hätten wir ein echtes Problem“, meint Ordnungsamtsleiter Ulrich Oertel. Dann stünden auf einmal mehrere kulturelle Programmpunkte im Haus Witten auf der Kippe. Nicht nur im Kultursommer, sondern grundsätzlich.
Die Stadt befindet sich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite hat sie großes Interesse daran, dass attraktive Veranstaltungen das kulturelle Leben in der Ruhrstadt bereichern – auch in der Nähe von Wohnraum. Andererseits, betont Kücük, liege ihnen das Wohlbefinden der Bürger natürlich am Herzen. „Kein Wittener soll am nächsten Morgen blutunterlaufene Augen haben, weil er in seiner Nachtruhe gestört worden ist“, findet die Pressesprecherin. Es allen recht zu machen, ist ein schmaler Grat und ein schwieriger noch dazu.
Veranstaltung muss herausragenden Stellenwert haben
Generell gibt es für Veranstalter die Möglichkeit, im Vorfeld die Dauer musikalischer Darbietungen auf spätere Stunden auszudehnen. Doch dafür müssten sie einen Antrag beim Ordnungsamt stellen. Im Falle des diesjährigen Kultursommers ist dies ausgeblieben. Ohnehin wäre ein Erfolg dieser Bemühungen nicht garantiert. Tobias Paschkowsky, Mitarbeiter des Ordnungsamtes: „Der Veranstalter muss den herausragenden Stellenwert belegen können.“ Ausnahmen sind laut Gesetz für Brauchtums- oder Traditionsveranstaltungen und nicht für Rockkonzerte unter freiem Himmel vorgesehen. Vor dem Lärmschutz sind nicht einmal Weltstars wie Joe Cocker beim Zeltfestival am Kemnader See gefeit. Auch hier ist um 22 Uhr Schluss.
Kompromiss angestrebt
Kulturliebhaber sollen in Witten jedoch nicht gänzlich auf das Konzertvergnügen verzichten müssen. Paschkowsky sieht noch einige Instrumente, um die Musik in weniger lautstarke Bahnen lenken zu können. Dies hängt mit der Ausrichtung der Beschallung zusammen. „Dies lässt sich steuern.“ Ein Kompromiss hat an anderer Stelle bereits Schule gemacht. Bei der Wittener Tafelmusik läuft die Veranstaltung bis 24 Uhr. Die Musik wird zwei Stunden zuvor leiser.