Witten. .

Ausgelassene Stimmung und Party bis in die lauen Sommernächte hinein: Gerade in der Ferienzeit locken viele Veranstaltungen wie der Kultursommer im Haus Witten oder das Zeltfestival zum entspannten Musikgenuss im Freien. Doch um 22 Uhr wird die Musik abgedreht - da nutzen selbst „Zugabe“-Rufe nichts mehr.

Auch Leser Heinz Klemme fühlt sich „verschaukelt“. Beim Wittener Kultursommer, der wöchentlich um 20 Uhr beginnt, habe er Eintritt bezahlt und drei Stunden Musik erwartet. Doch bereits nach zwei Stunden wurden die Lautsprecher abgedreht. „Während in den Nachbarstädten Bochum und Dortmund Musikveranstaltungen bis tief in die Nacht dauern (wie auch bei der vergangenen Extraschicht), werden jetzt vom Ordnungsamt Witten die Genehmigungen nur bis 22 Uhr erteilt und ich frage mich warum“, schreibt Heinz Klemme in einem Leserbrief an diese Zeitung.

„Das Landes-Immissionsschutzgesetz, das diese Regelung vorschreibt, gibt es schon sehr lange. Es muss nur immer strenger gehandhabt werden“, erklärt Ordnungsamtsmitarbeiter Paschkowsky auf Nachfrage. Paragraf 9 „Schutz der Nachtruhe“ und Paragraf 10 „Benutzung von Tongeräten“ sind hier ausschlaggebend für die Musikveranstaltungen unter freiem Himmel. Allgemein gilt: Von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens ist die Nachtruhe nicht zu stören. Das Abspielen lautstarker Musik sei allgemein verboten.

„Das Ordnungsamt kann davon Ausnahmen erteilen“, so Paschkowsky. „Das ist aber ganz, ganz schwierig.“ Ausschlaggebend sei ein öffentliches Interesse an der Veranstaltung. Messen, Märkte und Volksfeste etwa fallen hierunter, ebenso die Feierlichkeiten in der Silvesternacht. Aber: „Die Hürden für Genehmigungen sind so hoch. Und auch in Witten gibt es immer mehr Beschwerden über zu laute Veranstaltungen“, weiß Paschkowsky.

Das Recht der Bürger auf Ruhe und Schlaf muss gewährt werden. Und: „Durch die Masse der Veranstaltungen wird die Toleranz der Anwohner immer geringer.“ Werde erst einmal eine Beschwerde hervorgebracht, sei es um die Konzert- orte schlecht bestellt: „Wenn die Gerichte einer möglichen Lärmschutzklage Recht geben, kann das dazu führen, dass die Veranstaltungsfläche für solche Dinge künftig nicht mehr nutzbar ist.“ Die Auflagen des Ordnungsamtes für Veranstalter werden daher immer strenger.

„Die Schallrichtung ist entscheidend“, weiß Heri Reipöler, Veranstalter des Zeltfestivals am Kemnader See. „Wir spielen deshalb alles in Richtung Autobahn ab.“ Doch genau dahinter liegen die Hevener Wohnsiedlungen. Prozessorgesteuerte Beschallungsanlagen sollen deshalb zusätzlich dafür sorgen, dass jeder einzelne Lautsprecher speziell gewinkelt werden kann und die Musik aufs Publikum richtet. Trotzdem: „Bässe lassen sich natürlich nicht so gut richten.“ Dass man außerhalb der Zeltplanen noch gut Zeuge der Konzerte werden kann, ist unvermeidbar. Bislang aber hätten sich die direkten Anwohner nicht beschwert, sagt Reipöler.

Missmut herrscht dagegen auf der Seite der Musikfreunde beim Kultursommer: „Richtig Stimmung kommt hier erst auf, wenn es dämmert“, meint Hans-Werner Tata vom Kulturbüro. „Vielleicht sollten wir demnächst früher anfangen. Aber dadurch wird es ja auch nicht eher dunkel.“