Witten. . Lachen? Lächeln? Nicht lächeln? Wittens Landtagskandidaten setzen sich auf Wahlkampfplakaten ins rechte Bild. Bitte recht freundlich - oder doch eher nicht?

Wenn man morgens zur Arbeit in die Innenstadt fährt, dann möchte man ja fast meinen, an Simon Nowack führt kein Weg vorbei. Das liegt daran, dass seine Plakate an Ausfallstraßen sowie in der Innenstadt zu sehen sind. 100 Mastaufhänger, 300 Plakate in A 1 und ab dem Wochenende nochmals zehn Großplakate zeigen den Kandidaten. „Für die Porträts hat die NRW-CDU eigens Angela Merkels Starfotografin Laurence Chaperon einfliegen lassen“, freut sich Nowack.

Sollte er sich denn auch freuen? Das Bild, man muss es sagen, ist unscharf, etwas überbelichtet, hat einen leichten Gelbstich, der 27-jährige Bewerber ist im Bereich der Augen-Mund-Partie eher unglücklich getroffen.

Der Kontrast wird besonders deutlich, wenn ein Plakat mit Thomas Stotko, dem anderen „Wittener Schwergewicht“ in der Nähe hängt. Das Foto des SPD-Mannes ist scharf, die Augen sind weiter geöffnet als bei seinem Kontrahenten, auf den Lippen hat er ein leichtes Lächeln. Die rote Krawatte mit dezentem blauen Paisley-Muster setzt einen Farbtupfer über der kurzen Botschaft aus Name, Wahltermin und den zwei Worten „Klare Verhältnisse“. So ist das Bild auch.

„Verena Schäffer - macht den Unterschied“. Das ist ein pfiffiger Slogan, und die junge Frau von den Grünen kommt mit einem offenen Lachen daher. Auf Listenplatz 13 hat die 25-Jährige natürlich auch gut lachen. Verena Schäffer trägt auf ihren 150 Plakaten, von denen 100 in Witten und 50 in Herdecke hängen, dezenten Schmuck; eine schlichte Halskette mit Grün-Variationen, Geschenk ihrer Mutter. Eine Haarsträhne, die über die linke Schulter fällt, unterstreicht die Weiblichkeit. Schlecht: Ihre rechte Wange wirkt ein wenig zerkratzt - da war zu viel Rot im Spiel.

Gedruckt sind die Plakate, das erwartet man bei den Grünen ja einfach, auf Papier aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung auf umweltfreundlicher Pappe. Aufgehängt wurden sie vor allem in der Innenstadt und in Stadtteilzentren.

FDP-Plakate liegen noch in der Druckerei

Und was machen die kleineren Parteien? Klaus Faeskorn begegnet mir von einem seiner 100 Wittener Bilder jeden Abend auf dem Heimweg an der Ardeystraße. Doch auf dem Plakat des 66-jährigen FDP-Kandidaten steht so viel, das kann man als Autofahrer gar nicht alles lesen, wenn man den Vordermann auf der Straße und die rechts parkenden Autos im Blick und den mutmaßlichen Radarwagen an der Friedenskirche im Kopf hat. Innenstadt? Fehlanzeige. Aber die Hälfte der Poster liegt ja noch in der Druckerei fest.

Von Katharina Schwabedissen gibt es kein Bild - die Linke setzt auf Aussagen. Mit einem Großplakat haben sie in Heven Ärger, denn es verdeckt die Sicht auf die nahende Straßenbahn an der Ecke Friedrich-List-Straße/Seveckenhof/Wannen. „Man kann vom Hellweg kommende Straßenbahnen erst erkennen, wenn man sich fast auf dem Gleis befindet“, klagt Anwohner Dirk Nowak. „Diese Stelle gilt als Unfallschwerpunkt.“

Kein Gesicht zeigen auch die Piraten. „Du/bist/system-/relevant“ ist der Spruch, der am Berliner Platz plakatiert ist. Schön. Aber vier Worte, davon zwei Fremdworte, so was zielt eher auf Intellektuelle; und nicht jeder lässt sich gern von wildfremden Plakaten duzen. Dass der Slogan zudem auf die Bankenkrise und eine Rede des Spitzen-Piraten Joachim Paul anspielt, das wird sich wohl nur ganz wenigen Eingeweihten erschließen.