Witten. . Peer Steinbrück spricht beim 35. Sparkassenforum in Witten und hält ein Pläadoyer für Europa. Ein Ende des Euro hätte gravierende politische, ökonomische und soziale Folgen, warnt der SPD-Politiker und mögliche Kanzlerkandidat.

Ein Plädoyer für ein Europa, das sich in der Krise hilft und mit einer Stimme spricht, hielt der SPD-Politiker und mögliche Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beim 35. Wittener Sparkassenforum.

Die Zuhörer sitzen teilweise auf den Treppen des Saalbaus, als der frühere Bundesfinanzminister einer Großen Koalition ans Rednerpult tritt. Einen „Besucherrekord“ meldet Sparkassen-Vorstand Rolf Maasche. Weil die 793 Sitzplätze nicht ausreichen, wird die Rede sogar per Videowand ins Foyer übertragen.

Launig und kenntnisreich versteht es Steinbrück, sein Publikum zu unterhalten. Das Thema: „Europa in einem globalen Machtgefüge“. Seine Botschaft: Für dieses Europa lohnt es sich zu kämpfen. Es sei die Antwort auf 1945 und das 21. Jahrhundert, auf 300 bis 400 Jahre der Selbstzerfleischung. Der jetzige Wohlstand und Frieden seien gemessen an der Geschichte ein privilegierter Ausnahmezustand. Steinbrück: „Ich bin die erste Generation, die nicht in einem europäischen Krieg verheizt wurde. Das muss man verteidigen.“ Zerfällt Europa und die Währungsunion, wäre nicht nur unser Wohlstand, sondern auch dieser Frieden bedroht, so der Tenor. Der Bundestagsabgeordnete warnt eindringlich vor sozialen Unruhen in Ländern wie Griechenland oder Spanien, wenn man ihnen nicht hilft.. „Dann bekommen wir ganz andere Bilder zu sehen als jetzt.“

Mit Europa

Deutschland habe neun direkte Nachbarn, sagt Steinbrück. „Diesem Deutschland kann es immer nur so gut gehen, wie es den Nachbarn gut geht.“ Wer glaube, Deutschland könne seine „Wohlstandsalleinstellung“ erhalten, täusche sich. Das gehe nur in und mit Europa - zumal Länder wie China, Brasilien oder die Türkei wirtschaftlich immer stärker würden. „Sie wollen dahin, wo wir schon sitzen China gehöre bereits der Hafen von Piräus. „Und glauben Sie wirklich, dass Volvo noch ein schwedisches Auto ist?“

Fiele die europäische Währungsunion auseinander oder komme ein „Nordeuro“, hätte dies nach Ansicht Steinbrücks gravierende Folgen - politisch, ökonomisch und sozial. Deutschlands Export litte unter einer massiven Aufwertung der Währung, andere Länder unter einer starken Abwertung. Wenn an Stammtischen gefordert werde, „schmeißt doch die Griechen raus“, löse man damit kein Problem, so Steinbrück. Das Krisenmanagement der Regierung Merkel („Primanerriege“) nannte er „zu spät, zu wenig und vor allem zu ungefähr“ Es sei der Zeitpunkt gekommen, „sich ehrlich zu machen“. Europa sei längst eine Haftungsgemeinschaft.

Man müsse den kriselnden Ländern helfen, wieder Wind unter die Flügel zu bekommen, statt sie weiter unter Wasser zu drücken. Steinbrücks Fazit: „Dies wird Geld kosten. Was dachten Sie denn, wir kommen da umsonst durch?“ Er erinnerte an die deutsche Wiedervereinigung, die bisher zwei Billionen gekostet habe und nicht ohne andere Länder denkbar gewesen wäre. Steinbrück: „Und dann ist uns Europa nicht ein Zehntel oder ein Fünftel davon wert?“