Essen. . Peer Steinbrücks Forderung, an der Rente mit 67 festzuhalten, spaltet die SPD an Rhein und Ruhr in zwei Lager. Teile der Basis stellen sich hinter den Ex-Finanzminister und möglichen SPD-Kanzlerkandidaten. Die Jusos kritisieren ihn heftig.

Die „Rente mit 67“: Das Thema zerreißt die SPD. Viele Sozialdemokraten sehen in der Anhebung des Renteneintrittsalters eine Ungerechtigkeit. Sie vermuten dahinter eine verkappte Rentenkürzung. Deshalb will die SPD den Einstieg in die Rente mit 67 aussetzen, bis es genügend Jobs für Ältere gibt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles argumentiert: Derzeit ist nur jeder Vierte zwischen 60 und 64 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Aber die Rente mit 67 hat auch in der SPD Anhänger. Zu denen gehört ausgerechnet Peer Steinbrück, möglicher Kanzlerkandidat der SPD. Ein weiterer Altgedienter, Franz Müntefering, verteidigt die von ihm selbst in der Großen Koalition vorangetriebene Anhebung: „Die Bedingungen für die Rente mit 67 sind erfüllt.“

Und was sagt die Parteibasis? Zum Teil ist sie empört über Steinbrücks Vorstoß. Der Düsseldorfer SPD-Vorsitzende Andreas Rimkus erinnert daran, dass sich seine Partei vor Ort längst von der Rente mit 67 verabschiedet hat. „Es gibt immer mehr Ältere, die keine Anstellungschancen haben und auf Grundsicherung angewiesen sind. Die Rente mit 67 führt zu mehr Alters­armut. Bevor wir sie einführen, müssen wir erst sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen“, wettert der Gewerkschafter und Betriebsrat.

Auch Franz-Josef Drabig teilt Steinbrücks Meinung in dieser Frage nicht. Der Dortmunder SPD-Unterbezirkschef hält es für schwer vermittelbar, wenn der Staat „einerseits Milliarden für Dax-Unternehmen und Banken bereitstellt und andererseits Arbeitnehmer länger arbeiten lässt“. Die Rente mit 67 sei etwas für Bürger, „die länger arbeiten wollen und das auch können.“

Bei den Jungsozialisten (Jusos) findet Steinbrücks Position wenige Anhänger. „Sein Vorstoß ist mehr als überflüssig, da man sich in der Partei nach langer Diskussion durchgerungen hat, die ,Rente mit 67’ vorübergehend auszusetzen“, sagt Juso-Chef Sascha Vogt. Von einem möglichen Kanzlerkandidaten erwarte er, dass er Parteibeschlüsse nicht nach wenigen Wochen infrage stelle. Vogt: „Erst das Programm, dann der Kandidat. Eine Rückkehr in die Basta-Politik ist nicht zeitgemäß.“

Bedingungen schaffen

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) gibt Steinbrück grundsätzlich recht. „Aber die Bedingungen müssen stimmen. Die Frage ist, ob es genug qualifizierte Arbeitsplätze gibt und die Arbeitsbedingungen so sind, dass Menschen dieses Alters sie besetzen können. Davon sind wir weit entfernt. Peer Steinbrück hat dem gar nicht widersprochen. Wir haben also nicht den Abschied von der Rente mit 67 beschlossen. Aber wir müssen diskutieren, wie die Bedingungen dafür geschaffen werden können.“

Landtagsabgeordneter Ibrahim Yetim aus Moers wertet Steinbrücks Haltung als Beleg für Standhaftigkeit. „Er hat an dem Konzept mitgearbeitet und hält es offensichtlich noch für richtig.“ Aber Yetim sagt auch: „Wir haben einen Parteibeschluss und der ist bindend – auch für Kanzlerkandidaten.“

„Eine rationale Betrachtung, losgelöst von Emotionen, lässt gar keine andere Lösung zu als die Anhebung des Rentenalters“, sagte Dieter Fleskes, Chef der SPD-Ratsfraktion in Bochum, dieser Zeitung.