Witten.

Ein romantischer Samstagabend mit ihrem Freund endete für Nadja* abrupt, als sie merkte, dass die Verhütung versagt hatte. Aus Angst vor einer Schwangerschaft wollte sich die 28-Jährige die Pille danach besorgen - und scheiterte.

„Zuerst rief ich im Diakonissenkrankenhaus an. Dort wollte man mir das Rezept nicht geben, weil keine gynäkologische Abteilung im Haus sei und nur ein Facharzt das Rezept ausstellen könne“, erzählt die junge Frau. Sie wurde an den Ärztlichen Notdienst verwiesen, der am Marien-Hospital ansässig ist. Aber auch dort hatte Nadja keinen Erfolg - und bekam kein Rezept.

Dr. Harald Werner (57), Apothekersprecher des EN-Kreises, meint: „Dass sie dort nichts erreichen konnte, lag dann an dem diensthabenden Arzt. Manch ein Arzt oder Apotheker gibt das Rezept und die Pille danach aus ethischen Gründen nicht aus.“

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Dr. Jutta Benninghoven (58) von Profamilia gibt zu bedenken, dass durch die „Pille danach“ keine Abtreibung vorgenommen werde. „Sie verhindert die Befruchtung beziehungsweise die Einnistung der befruchteten Eizelle.“

Für Nadja W. begann ein Telefonmarathon. Vom Notdienst wurde sie an das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke verwiesen, dann an die Uniklinik Essen, später zu den Notdiensten Dortmund und Bochum. Immer mit dem gleichen Ergebnis: Niemand stellte ihr das Rezept aus. „Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte“, sagt Nadja.

Bis zu drei Tage

„Sie hätte sich Zeit lassen können. Die Pille wirkt bis zu drei Tage nach dem Unfall“, sagt Jutta Benninghoven von Profamilia. Natürlich gelte das Präparat innerhalb der ersten zwölf Stunden als besonders sicher, aber auch später gebe es selten Probleme. Dennoch versteht Frauenarzt Ralf Striebeck (46) nicht, warum es keinen gynäkologischen Notdienst für solche Fälle gibt. „Die Kassenärztliche Vereinigung lehnte ihn aus mir unbekannten Gründen ab.“

Profamilia setzt sich schon lange für eine rezeptfreie „Pille danach“ ein, da die Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Zwischenblutungen gering seien. Deutschland und Italien sind die einzigen europäischen Länder, in denen eine Rezeptpflicht besteht - und zwar seit es die „Pille danach“ gibt, das heißt seit über 40 Jahren. Apotheker-Sprecher Harald Werner unterstützt die Rezeptpflicht. „Das Präparat wirkt wie eine Monatspackung der normalen Pille. Das ist ein enormer Hormonschub für den Körper.“

Nadja W. gab nach vier Stunden auf. Sie meint: „Am Montag ging ich dann zum Frauenarzt und bekam die Pille noch rechtzeitig. Aber als ängstliche Frau so der Willkür von Ärzten ausgeliefert zu sein, ist schrecklich.“
* Name geändert