Witten. . Im vergangenen Jahr gab es in Witten keine anonymen Geburten. Das Marien-Hospital verweist auf die gute Zusammenarbeit mit Jugendamt und Kirche.
Schwanger sein, Mutter werden – für einige Frauen erfüllt sich damit ein großer Wunsch. Aber nicht für alle: Streitigkeiten mit dem Partner oder Ängste, dass eigene Kind nicht versorgen zu können, lassen manche werdende Mutter die Entscheidung treffen, ihr Kind anonym zur Welt zu bringen.
Sie entbinden zwar, nennen aber ihren Namen nicht und geben ihr Baby zur Adoption frei. 650 Kinder sind einer Studie des Deutschen Jugendinstituts zufolge bundesweit bislang anonym geboren worden.
Anonyme Geburt: nur eine Anfrage 2011
In Witten sei diese Form der Entbindung aber „sehr, sehr selten“, so Geburtshelfer Dr. Sven Schiermeier vom Marien-Hospital. „Im vergangenen Jahr hatten wir eine Anfrage und die betreffende Frau überlegte es sich dann doch anders.“ Das führt Schiermeier vor allem auf die gute Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus, Jugendamt und Kirche zurück. „Wenn eine Frau mit dem Wunsch zu uns kommt, anonym zu entbinden, bieten wir gemeinsam ein gutes Rückhaltenetz.“ Dazu gehöre, dass sie auch über Alternativen informieren. Denn „wir wollen den Schwangeren zur Seite stehen“, so Schiermeier.
Fürchtet die werdende Mutter etwa, dass sie mit der Situation nach der Geburt überfordert sein könnte, kann das Jugendamt mit seinem Projekt „Kind in Witten“ (Kiwi) weiterhelfen. Das begleitet Eltern in den ersten drei Jahren des Kindes. „Wir wollen damit auch Ängste nehmen“, sagt Klaus Schmidt (59), Leiter der Abteilung Erziehungshilfe. Zum Beispiel, indem eine Hebamme sechs bis acht Wochen nach der Geburt die frischgebackenen Eltern besucht, Fragen beantwortet und Tipps gibt. Diese Unterstützung ist bei Bedarf auch schon vor der Geburt oder kurz danach möglich.
Hilfe vom Sozialdienst katholischer Frauen
In anderen Fällen kann der Sozialdienst katholischer Frauen hinzugezogen werden. Dort können sich Schwangere anonym beraten lassen. „Frauen, die anonym gebären wollen, suchen nach Informationen. Häufig müssen sie sich aber zunächst erklären. Bei uns bekommen sie die Möglichkeit, ihre Situation zu schildern, ohne ihren Namen zu nennen“, sagt Birgit Carduck (57), Fachberaterin des Sozialdienstes. Wenn sie die Situation der Betreffenden kenne, könne sie besser helfen. „Wir können etwa zur Entlastung eine sozialpädagogische Familienhilfe organisieren oder, wenn der Entschluss zur anonymen Geburt feststeht, erklären, welche Möglichkeiten die Mutter hat.“
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So hat sie die Wahl zwischen drei Formen der Adoption: inkognito, halboffen und offen. Die jeweilige Variante entscheidet, wie viel Kontakt die leibliche Mutter mit den Adoptiveltern hat. Sie kann sich vollkommen dagegen aussprechen, über den Sozialdienst Bilder und Entwicklungsberichte ihres Kindes anfragen oder persönlich mit den Adoptiveltern bekannt sein. Doch egal für welche Form sich eine Schwangere letztendlich entscheide, sagt Birgit Carduck, „es besteht immer die Möglichkeit, sich auch nach Jahren noch zu melden, um Kontakt zu seinem Kind aufzubauen.“
Dieses Unterstützungsangebot ist für Geburtshelfer Schiermeier das Ausschlaggebende: „Ich denke, dass unser Netzwerk der Grund ist, dass anonyme Entbindungen in Witten so selten sind.“