Witten.
Wie viel CO2 wurde bei der Herstellung einer Ware produziert? Hat ein Kind daran mitgearbeitet? Wie ist die Qualität? Solche Fragen stellen Dr. Axel Kölle und Dr. Christian Geßner in den Mittelpunkt, wollen Firmen, aber letztlich auch Bürger und Politiker dazu anregen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Nachhaltigkeit ist inzwischen ein Begriff, ohne den in Politik und Gesellschaft nichts mehr geht. Auch nicht in der Wertschöpfungskette Ernährung. „Es ist ein sehr abgegriffenes, missbrauchtes Wort. Wir zielen auf Zukunftsfähigkeit“, so die beiden Gründer und Leiter des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Uni Witten/Herdecke.
Durch den „Nachhaltigkeitsdschungel“ aus u.a. politischen, ökonomischen Notwendigkeiten, Anforderungen und Angeboten begleiten die Wissenschaftler Unternehmen aus der Lebensmittelbranche, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen möchten. Im Partnernetzwerk sind von Brandt über Ritter-Sport, Kerrygold, Wiesenhof, Costa, Rotkäppchen, Dr. Oetker, Deutsche Paletten Logistik und Bäro 35 namhafte Vertreter. Sie kamen gestern zur dritten „Zukunftskonferenz Food“ zusammen.
War es beim Vorjahrstreffen mit 110 Teilnehmern u.a. um nachhaltigere Sortimentsgestaltung gegangen, so tauschten sich 150 Wissenschaftler, Handels- und Herstellervertreter dieses Mal über die Messung und den glaubwürdigen Nachweis von nachhaltigen Firmenaktivitäten aus. CO2-Fußabdrücke von Produkten wurden diskutiert in den Sparten Außer-Haus-Produkte, Getränke, Süß- und Backwaren, Tiefkühlkost, Molkereiprodukte und Fleisch.
Ergebnisse sind bei manchen Firmen schon sichtbar: Hier hat eines den Fuhrpark auf Rapsöl umgestellt, dort wurden Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt, eine Millionen Liter Heizöl gespart.
Was in den Produkten steckt und wie nachhaltig sie produziert werden, das muss schließlich auch dem Verbraucher kommuniziert werden. „Erst denken, dann handeln, dann kommunizieren“, geben Kölle und Geßner vor. „Darum soll es erst 2012 darum gehen, wie dem Verbraucher diese Fortschritte vermittelt werden können.“
Denn im Wert schätzen sollen die Bürger solche Produkte - und im Endeffekt bereit sein, dafür einen höheren Preis zu zahlen. „Es geht eben nicht nur um Bio, sondern auch darum, dass Produkte beispielsweise so produziert sind, dass sie das Klima schonen.“ Jeder Skandal mache die Notwendigkeit des Nachhaltigkeitsdenkens sichtbarer.
Die Wissenschaftler machen die Zukunftsfähigkeit einer Firma in einem Check fest an Umwelt-, Sozial-, Wirtschaftsaspekten mit Fragen nach Gesundheit, Bildung, Demografie, Klima, Artenvielfalt, Ressourcen, Fairness, Qualität, Wertschöpfung. „So wissen Unternehmen, wo sie stehen“, sagt Geßner.