Witten. .

„Darf ich mich mit Ihnen fotografieren lassen?“, fragt Jasmin Tscheschlog (24) Referentin Naomi Feil aufgeregt in der Pause. Sie darf. Begeistert ist sie vom Seminar „Validation“ im Saalbau, bei dem es um den Umgang mit desorientierten Senioren geht.

Bei der Validations-Methode werden Gefühle der alten Menschen anerkannt, es wird auf sie eingegangen. Kurzweilig ist der Vortrag der ehemaligen Off-Broadway-Schauspielerin, wenn sie fordert, dass Betreuende sich in die „Schuhe des alten Menschen“ begeben müssen. „Empathie, Mitfühlen ist notwendig.“

Alten Menschen zuhören

Der Fehler sei, dass alten, verwirrten Menschen oft nicht zugehört würde - oder nicht richtig. Das sei Ablenkung oder Lüge. „Die Betroffenen merken das, vereinsamen. Darum gibt es doch so viele lebende Tote. Jeder braucht Aufmerksamkeit.“

In einem Film spielt Feil die diversen Demenzphasen vor. Sie zeigt, wie sich die erste Phase in einer mangelhaften, unglücklichen Orientierung äußert: Einem Loch in der Decke, durch das Wasser tropft, wird die Schuld am nassen Bettlaken gegeben, um Inkontinenz zu verdrängen. Ein Bad wird abgelehnt, weil Chemikalien im Wasser angeblich Durchfall ausgelöst haben. Aggressiv seien Betroffene oft.

Die verschiedenen Phasen der Demenz

Phase zwei äußere sich durch Zeitverwirrtheit. Plötzlich will ein alter Mensch wieder mit dem Sohn in die Schule, legt eine Puppe an die Brust, zeigt ihre Gefühle.Phase drei gehe mit sich wiederholenden Bewegungen und weiterem Sprachverlust einher. „Wenn es für menschliche Bedürfnisse keine Wörter mehr gibt“, dann setze die non-verbale Kommunikation ein.

„Die Betroffenen wiegen sich beispielsweise hin und her.“ Die Bewegung erinnere an Mama, an ihr Beruhigungsschaukeln. „Nicht mehr weinen“ meine das. Schulwissen gehe verloren, aber „was wir durch Gefühle als Baby gelernt haben, das bleibt viel länger“. Dahin gingen alte Menschen zurück. Körperteile ersetzten Personen, soziale Hemmungen gingen verloren.

Kommunikation hilft

Phase vier sei dann das teilnahmslose Vegetieren. Möglichst lange auf den frühen Stufen halten könne man Betroffene durch die Kommunikation - die auch non-verbal sein müsse. Streicheln helfe. So könne die Würde der Menschen erhalten werden.

„Die Ärzte sagen oft, dass das Blödsinn ist, was ich sage. Aber nach 40 Jahren Arbeit mit alten Menschen weiß ich, wie es ist“, sagt die Gerontologin in gutem Deutsch in dem fast voll besetzten Festsaal.Aus Steinfurt, Dortmund, Bochum, der ganzen Region sind Zuhörer gekommen, um die US-amerikanische Gerontologin zu hören und anschließend praktisch mit ihr den Umgang mit solchen Situationen zu trainieren.

Der Vortrag kommt gut an

Schon in der Pause möchte Marion Kroszewski aus Dortmund ein Autogramm in ihr Exemplar von Feils Buch „Validation“. Doch die Referentin ist resolut: „Das mache ich erst nach 15 Uhr.“ Toll sei es, Feil zuzuhören, sagt die Dortmunderin. „Sie hat diese Methode erfunden, an uns liegt es, sie jetzt weiterzuentwickeln.“

Das ist auch das Anliegen von Jasmin Tscheschlog, die in Hückeswagen in einem Seniorenheim für Demenzkranke arbeitet. „Beim Vortrag kann man auch lachen - und viel lernen. Frau Feil macht das super. Der Ansatz ist so positiv.“ Oder wie es Frau Feil sagt: „Validation ist menschlich.“ Und viele machten Validation „by instinct“, instinktiv. Der Idealfall.