Berlin. . Demenzerkrankungen werden zunehmend zu einem gesellschaftlichen Problem, besonders in Ostdeutschland. Nach aktuellen Schätzungen leben derzeit rund 1,3 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland.

Demenzerkrankungen werden besonders in Ostdeutschland zunehmend zu einem gesellschaftlichen Problem. Schon jetzt leben dort in vielen Regionen überdurchschnittlich viele Erkrankte, wie Reiner Klingholz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung am Dienstag in Berlin erklärte. Die Betreuung der Patienten sei deswegen in diesen Regionen künftig besonders gefährdet.

Die Zahl der Demenzkranken in Deutschland wird sich nach einer neuen Studie innerhalb der nächsten 30 Jahre verdoppeln. Diese Entwicklung resultiert daraus, dass die Menschen immer älter würden, wie aus der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervorgeht. „Demenz ist der Preis für die Langlebigkeit einer Gesellschaft“, sagte Institutsdirektor Reiner Klingholz. Der Studie zufolge ist Ostdeutschland von der Zunahme der Demenz-Fälle besonders betroffen. Dort werde sich die Zahl der Demenzkranken schon innerhalb der nächsten eineinhalb Jahrzehnte, also bis zum Jahr 2025, verdoppeln.

Überalterung vor allem in ländlichen Gebieten

Nach Angaben des Berlin-Instituts gibt es derzeit etwa 1,3 Millionen Demenzkranke in Deutschland. Im statistischen Schnitt kommen damit auf 100.000 Einwohner 1600 Menschen mit dieser Erkrankung. Dabei sind einzelne Regionen deutlich stärker betroffen als andere.

Auf der Grundlage von Daten aus dem Jahr 2008 erstellte das Institut eine Prognose für das Jahr 2025, die regional sehr unterschiedlich ausfällt. „Besonders ländliche Gebiete sind von Überalterung betroffen“, und der Osten Deutschlands wiederum stärker als der Westen, erläuterte Klingholz. So liegt etwa der Südosten Sachsens bereits heute mit geschätzten 2190 Demenzkranken je 100.000 Einwohnern deutlich über dem gesamtdeutschen Durchschnitt.

Zugleich gebe es wegen der geburtenschwachen Jahrgänge immer weniger jüngere Menschen für die Pflege der Demenzkranken, sagte Klingholz. „Erst ab 2050 verjüngt sich die Gesellschaft wieder.“ Eine der Autorinnen der Studie, Sabine Sütterlin, forderte nationale Demenzpläne, wie sie zum Beispiel in Frankreich existieren: „Die Menschen müssen besser über Demenz informiert werden, die Versorgungsstrukturen müssen aufgebaut und die Betreuungsaufgaben besser organisiert werden.“ Besonders gelte es, Angehörige bei der Pflege der Demenzkranken zu entlasten. Auch die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung forderte von der Bundesregierung einen „Demenzplan 2020“, der verbindliche Maßnahmen gegen die „Volkskrankheit“ festschreibe.

Fakten zur Demenzerkrankung

Nach aktuellen Schätzungen leben derzeit rund 1,3 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland. Bis zum Jahr 2050 wird sich diese Zahl voraussichtlich mehr als verdoppeln.

- Rund 80 Prozent der Erkrankten werden derzeit zu Hause gepflegt, meist von Angehörigen.

- Demenzerkrankungen können bis zu 100 verschiedene Ursachen haben, in der Regel ist Demenz unheilbar.

- Am Anfang der Erkrankungen stehen meist Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit, später verschwinden auch Inhalte des Langzeitgedächtnisses.

- Warnsignale sind unter anderem das Vergessen kurz zurückliegender Ereignisse, Sprachstörungen, andauernde Ängstlichkeit, Reizbarkeit und Misstrauen.

- Der Begriff „Demenz“ stammt aus dem Lateinischen. Er lautet wörtlich übersetzt „Weg vom Geist“ oder „ohne Geist“. (afp/dapd)