Witten. Nach einem Raub in einer Arbeiter-WG in Witten spricht der Täter von einem Giftanschlag – und dass er aus Angst eingesperrt bleiben will.
Ein rätselhafter Zwischenfall in einer Bauarbeiter-WG in Witten beschäftigt das Bochumer Landgericht. Ein Arbeiter (29) will sich durch einen Tee vergiftet gefühlt – und daher einen Mitbewohner mit einem Messer angegriffen und beraubt haben. Beim Prozessauftakt verblüfften noch weitere Details.
Schwerer Raub, Diebstahl und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Vor der 6. Strafkammer sind neben der bizarren Messer-Tat in der WG noch drei weitere Vorfälle angeklagt – es hätten sogar vier sein können. Doch obwohl Gericht und Verteidiger minutenlang wie mit Engelszungen auf den Angeklagten einredeten, weigerte der sich stur, eine weitere Anklage mitzuverhandeln. Nach dieser soll er im Amtsgericht Witten eine Vorführzelle demoliert haben.
Angeklagter fühlt sich nur in Gefängniszelle „sicher und wohl“
Seine kuriose Begründung: Es reize ihn aktuell „nullkommanull“, durch das Mitverhandeln womöglich früher aus der Haft und in seine polnische Heimat entlassen zu werden. „Ich will eingesperrt bleiben“, sagte der Bauarbeiter. Er habe „Angst rauszukommen“, fühle sich derzeit nur in einer Gefängniszelle „sicher und wohl“.
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Der Vorfall in der Bauarbeiter-WG unweit vom Bahnhof Annen-Nord geht zurück auf den 8. Januar. Gegen zehn Uhr soll ein Mitbewohner in der Gemeinschaftsküche für den Angeklagten eine Tasse Tee aufgebrüht haben. „Als ich den Tee getrunken habe, verschwamm alles vor meinen Augen. Ich dachte, das ist Gift“, erinnerte sich der Angeklagte. Und räumte ein, seinen Mitbewohner danach mit einem Messer bedroht, ihm 130 Euro abgenommen und aus der WG geflüchtet zu sein.
Zündschlüssel geklaut und Handy abgenommen
Laut Anklage führte die Flucht den Bauarbeiter über Nacht bis nach Bochum in die Nähe des Krümmede-Gefängnisses. Am frühen Morgen soll der 29-Jährige dort erst einem Autofahrer einen Zündschlüssel gestohlen haben. Kurz danach soll er mit einem Trick einem Fußgänger ein Handy abgenommen haben. Der Passant soll dem Angeklagten zuvor wegen Verständigungsproblemen sein Smartphone mit einer Übersetzer-App sogar extra übergeben haben.
Im Anschluss an die zwei Straßendiebstähle wurde der Bauarbeiter festgenommen und soll dann im Polizeigewahrsam in Bochum eine Rangelei mit Polizeibeamten angezettelt und einen Polizisten dabei in den Hals gekniffen haben.
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Nach eigenen Angaben leidet der Angeklagte seit etwa eineinhalb Jahren an optischen und akustischen Wahnvorstellungen. Eine Sachverständige soll im Prozess zur Frage der Schuldfähigkeit ein Gutachten erstatten. Für den Prozess sind noch Termine bis zum 14. Juni anberaumt.
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