Witten. Ein furchteinflößend aussehender Mann bedroht seit Wochen Händler in der Wittener Bahnhofstraße. Sein Vorwurf: „Ihr seid harām.“
Ein vermutlich psychisch kranker Mann terrorisiert seit einigen Monaten ausländische Geschäftsinhaber vor allem in der unteren Bahnhofstraße in Witten. Der 40-jährige Deutsche, dessen Aussehen mit „wie aus einem marokkanischen Horrorfilm“ beschrieben wird, randaliert vor den Geschäften. Er kippt dort Müll aus, reißt Blumen aus Balkonkisten, wirft Auslagen um und zerstört Ware. Die Ladenbetreiber fürchten sich - doch die Polizei sieht keine Handhabe, dieses Treiben zu unterbinden.
Bei dem Täter handelt es sich laut Polizei um einen 40-Jährigen ohne festen Wohnsitz, mit deutscher Staatsangehörigkeit, gebürtig in Witten, aber mit tunesischen Wurzeln. Vermutlich sei er psychisch erkrankt. „Der Mann ist hinreichend polizeibekannt. Wir haben etliche Strafanzeigen und die Kollegen sind sensibilisiert“, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff. Auf das strafrechtliche Konto des Mannes gehen Vergehen wie Sachbeschädigung, Ladendiebstähle und Erregung öffentlichen Ärgernisses.
Rinderknochen vor die Bäckerei gelegt
Wie sehr diese „kleinen“ Delikte in der Summe den Geschäftsleuten zusetzen, zeigt eine Tatserie vom Mittwoch, 3. April, die sich zumindest über die gesamte untere Bahnhofstraße zieht. Vor der italienischen Eisdiele wurde eine Mülltonne ausgekippt. Die liebevoll gepflanzten Blumen auf der Terrasse des Grillrestaurants „Damaskus“ wurden aus den Kübeln gerissen, die Tische voll Blumenerde gekippt. Die Blumen liegen im Hauseingang gegenüber, vorm Kristallgeschäft „Chez moi“. Vor dem Supermarkt „Witten Markt“ stapelt sich Müll. Die Bäckerei „Simit“ bekam einen großen Rinderknochen vor die Eingangstür gelegt. Auch türkischstämmige Friseurgeschäfte wurden nicht verschont.
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Im Kiosk „Daud“ am Berliner Platz erinnert man sich noch an die Tat. „Ich war im Laden, da kam der Mann und ging an die Auslage mit den Datteln. Er fegte alles herunter“, erzählt der Verkäufer. Ganz bewusst seien ausländische Geschäftsinhaber angegriffen worden: „Beim Café Extrablatt standen Tische und Stühle draußen, da wurde nichts verrückt.“
Mann prügelt auf geviertelte Wassermelonen ein
Das Problem: Der Mann kommt immer wieder vorbei und tobt sich aus. Selbst kleine Kinder mit arabischem Aussehen soll der Mann mit seinem angsteinflößendem Blick und seiner Verkleidung laut beleidigt haben. „Der macht uns Angst“, sagt Hussein Mahmud, der den syrischen Supermarkt „Witten Markt“ betreibt. Er zeigt Bilder von seinem Auto, das mit Müll vollgekippt wurde. Häufig würde dieser „Herr“ zu seiner Auslage schlendern und auf die aufgeschnittenen Wassermelonen einprügeln. Und manchmal stellt er sich nur vorm Laden auf und guckt bedrohlich.
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Das Schlimmste sei: „Wir haben schon oft die Polizei gerufen, die nimmt die Anzeige auf und das war‘s“, sagt Wasseem Rihani von „Chez moi“. Natürlich gehe es oft nur um Sachbeschädigung. „Aber wir haben den Ärger, müssen erstmal morgens vorm Laden alles sauber machen.“
Vorwurf: „Ihr seid harām“
Mit welcher Begründung der Mann so vorgeht, wissen die Geschäftsleute. Er rufe immer wieder: „Ihr seid harām“, was so viel heißt, wie „nach islamischem Glauben verboten“. Ein Beispiel dafür kann sein, wenn nicht „halal“ (rein, nach dem Recht des Islam erlaubt) geschlachtetes Fleisch oder auch Alkohol verkauft wird.
Die Geschäftsleute haben es fast aufgegeben, die Polizei zu rufen - es würde eh nichts nützen. Deren Sprecher Marco Bischoff erklärt das Dilemma, in dem sich die Behörde befindet: „Wir haben keine rechtlichen Möglichkeiten, den Mann über längere Zeit festzusetzen.“ Delikte wie Beleidigung oder Sachbeschädigung seien keine Haftgründe. Oft folge einer vorläufigen Festnahme nur die Vernehmung auf der Wache - danach müssten sie ihn wieder gehen lassen. „Wir stehen aber im Austausch mit der Stadt Witten, um eine Lösung zu finden. Auch für uns ist die Situation unbefriedigend.“
Für die Händler ist diese geringe Handhabe wenig nachvollziehbar. Der Mann aus dem Daud-Kiosk drückt es so aus: „Deutschland ist viel zu frei mit Leuten, die sich nicht benehmen können und hier nicht arbeiten wollen.“
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