Witten. Eigentlich drohte einem Mann aus Witten eine lange Haftstrafe wegen Cannabis-Anbau. Doch das neue Gesetz rettet ihn vor dem Gang in den Knast.
Fast ein Jahr zitterte ein Wittener nach einem brisanten Drogen- und Waffenfund in seiner Wohnung vor der üblichen Strafe für bewaffneten Drogenhandel - „fünf Jahre Haft plus X“. Am Mittwoch, 17. April, verließ der 25-Jährige das Bochumer Landgericht ohne Verurteilung und lediglich mit einer überschaubaren Sanktion im Gepäck: 300 Euro Geldbuße.
Es war am 12. Mai vergangenen Jahres, als die Wohnung des Witteners durchsucht worden war. Knapp 55 Gramm getrocknetes Marihuana-Pflanzenmaterial aus eigener Aufzucht wurde dabei sichergestellt. Außerdem ein so genanntes Growzelt, LED-Lampen, Dünger, Luftentfeuchter und auch typische Dealerutensilien, wie eine Feinwaage und Klemmverschlusstütchen. Was den Fund zudem brisant machte, waren mehrere entdeckte Waffen: ein Küchenmesser, ein Teppichmesser, zwei Luftdruckpistolen mit Stahlkugel-Munition. Denn: Für die Verknüpfung von Drogen und Waffen drohte Dealern eine XXL-Strafe.
Richter: „In der Fußballsprache würden man sagen: Jetzt spielen wir in einer ganz anderen Liga.“
Dass diese am Bochumer Landgericht nicht mehr ansatzweise in Betracht kam, verdankte der Wittener dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen, neuen Cannabisgesetz. „Nach der nun geltenden Gesetzeslage sind wir in diesem Fall jetzt meilenweit von dem ursprünglichen Vorwurf entfernt“, sagte Richter Thorsten Fülber. „In der Fußballsprache würden man sagen: Jetzt spielen wir in einer ganz anderen Liga.“ Denn von den gefundenen 55 Gramm dürften nach neuer Gesetzeslage ein Großteil (50 Gramm) völlig legal zu Hause aufbewahrt werden. Außerdem gab es keine Hinweise, dass der Wittener in der Dealer-Szene ein dicker Fisch gewesen ist.
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Mit Blick darauf, dass der 25-Jährige strafrechtlich nicht vorbelastet war und nach einigem Zögern auch zugab, von dem selbst angebauten Marihuana im Bekanntenkreis mal etwas abgegeben zu haben, erklärten sich Staatsanwaltschaft und Gericht bereit, von einer Verurteilung abzusehen. Gegen eine Geldauflage in Höhe von 300 Euro, zahlbar an die Staatskasse, wurde das Verfahren vorläufig eingestellt.
So sehr den Wittener die Cannabis-Legalisierung am Ende auch „rettete“: Es war das alte - verschärfte - Gesetz, das nachhaltig Eindruck bei ihm hinterlassen hat. Verteidiger Patrick Baumfalk berichtete, dass der 25-Jährige zwar echtes Talent für den Cannabis-Anbau an den Tag gelegt habe: „Es war seine erste Pflanze und auch eine gute Ernte.“ Andersherum sei der Wittener von der Anklage und den anfangs im Raum stehenden fünf Jahren Haft „so geschockt gewesen“, dass er den Cannabiskonsum sofort und für immer eingestellt hat.
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