Witten. Vor einem Jahr hat Leni Stolle aus Witten Unglaubliches geschafft: ein Abitur mit 891 von 900 möglichen Punkten. Was macht die 19-Jährige heute?
- Für Wittens Abiturientinnen und Abiturienten 2024 stehen die letzten Prüfungen an
- Im letzten Jahr gab es ungewöhnlich viele Einser-Abschlüsse
- Besonders gut fiel aber das Abitur von Leni Stolle vom AMG aus
Leni Carlotta Stolle aus Witten hat im letzten Jahr viele verblüfft. Sie legte das fast perfekte Abitur am Albert-Martmöller-Gymnasium hin. 891 von 900 möglichen Punkten schaffen landesweit nur ganz wenige und kommt auch in Witten seltenst vor. Die 19-Jährige hatte quasi alle Fächer mit 1+ bestanden. Schlechteste Note war eine glatte Eins. Was macht jemand, der so schlau ist und so diszipliniert lernen kann, nach dem Abitur? Die Antwort überrascht auch: eine Auszeit in der Sonne.
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Leni wäre nicht Leni, wenn sie das Jahr nach dem Abi nicht klug geplant hätte. Direkt nach den Abschlussfeiern im Juli hat sie den Rucksack gepackt und ist mit den drei besten Freundinnen auf Interrail-Tour gegangen. Sechs Länder wurden in sechs Wochen bereist.
Die jungen Wittenerinnen haben Paris, Barcelona, die Côte d‘Azur, italienische Küstendörfer, Prag, das slowenische Ljubljana und Budapest in jeweils vier, fünf Tagen erkundet. „Wir würden das jederzeit nochmal machen“, schwärmt Leni noch jetzt. Selbst verspätete Züge, zu viele Touristen und die Sommerhitze konnten den Abenteuerdurst des Quartetts nicht stillen.
Nur zweiwöchige Stippvisite daheim in Witten
Leni gönnte sich sogar noch einen Nachschlag. Nach zwei Wochen Heimatbesuch mit Wäsche waschen, Eis essen mit den Omas und einer Abschiedsfeier packte sie wieder ihren Koffer. Ihr Ziel: Barcelona, wo sie für ein Jahr als Au-pair in einer Familie arbeitet. Die Super-Abiturientin kümmert sich dort um zwei kleine Jungen, die sie von Kita und Schule abholt und nachmittags betreut.
Dafür bekommt die 19-Jährige Kost und Logis in dem Haus im Speckgürtel der katalanischen Metropole und ein kleines Taschengeld. „Davon kann ich zum Beispiel meinen Sprachkurs und die Busfahrkarte bezahlen“, erzählt Leni. Sprachlich ist das herausfordernd. Auf Wunsch der Familie spricht sie mit den Kindern Englisch. Außerdem ist das Spanische allgegenwärtig und viele - etwa die Großmutter der Familie - sprechen Catalan, das noch einmal ganz anders klingt.
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Bei diesem Sprachenwirrwarr gibt es eine Konstante während ihres Auslandaufenthalts: die Sonne. Während unseres Videotelefonats sitzt die ehemalige AMG-Schülerin im T-Shirt bei 22 Grad. „Seit August gab es keine zehn Regentage.“
Leni hat ihre Gastfamilie über das Online-Portal aupairworld.com gefunden. Nach zwei Videoanrufen stand fest, dass die Chemie stimmte. „Ich hab es super getroffen“, sagt sie. Und wie sieht ihr Alltag aus? Nun, die kluge Deutsche ist die „Siesta“-Lösung für die berufstätigen Eltern. Mittags machen Schule und Kindergarten zweieinhalb Stunden Pause. Dann kümmert sich die Wittenerin um Teo (7) und Arau (4). Meist geht sie mit beiden zur katalanischen Oma zum Mittagessen.
In ihrer freien Zeit nimmt Leni Stolle an einem Spanisch-Sprachkurs teil. Denn ganz ohne Lernen geht es wohl nicht. Sie trifft sich mit anderen Au-pair-Mädchen aus Belgien, Österreich und Frankreich, die ebenfalls Kinder an der Schule betreuen.
Nachdem es anfangs schwierig war, neue Kontakte zu knüpfen, läuft vieles jetzt von selbst. „In Spanien gibt es etwas ganz Tolles, nämlich Ausflugsvereine für Kinder“, erzählt Leni. Dort kann sie als Betreuerin teilnehmen.
Hat sie manchmal Heimweh? Oder das Gefühl, auf der Stelle zu stehen, wenn über die Hälfte ihres Abschlussjahrgangs schon an die Uni gewechselt ist? Nein, da winkt die Einser-Kandidatin ab. „Ein Jahr Abstand vom Lernen zu nehmen, war die richtige Entscheidung.“ Bis Juli will sie noch im warmen Barcelona leben. Ob man danach wieder daheim in Witten einziehen kann? Die 19-Jährige glaubt selbst nicht dran. „Ich habe hier so viel Selbstständigkeit gelernt.“
Vielleicht wird sie im Herbst ein Studium in „International Business“ aufnehmen, einem Mix aus Wirtschaft und Sprachen. Das wird zum Beispiel in Paderborn oder Flensburg angeboten. Obwohl, eigentlich ist das zu nördlich. „Da kriege ich bestimmt einen Regenschock“, fürchtet Leni. „Ich bin ja jetzt ein Kind der Sonne.“
Diesen Text haben wir erstmals am 21. März veröffentlicht. Wir finden ihn so lesenswert, dass wir entschieden haben, ihn noch einmal zu publizieren.
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