Witten. Ist ein Mann aus Witten verhandlungsunfähig und gefährlich? Vor dem Landgericht Hagen wird zurzeit die Einweisung eines 29-Jährigen verhandelt.

Bedrohungen und mehrere Körperverletzungen gehen aufs Konto eines Mannes aus Witten. Unter anderem hat er auf einen Passanten vor dem Edeka-Supermarkt in Bommern eingeschlagen. Nur steht der 29-Jährige vor Gericht.

Noch vor einer Woche galt der Wittener als verhandlungsunfähig und gefährlich. Deshalb wurden bereits im Vorfeld des Unterbringungsverfahrens, das am Montag im Landgericht Hagen begann, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. So muss der Beschuldigte während der Verhandlung Handfesseln tragen, weil er schon öfter ausgerastet ist. Zudem sitzt ein Wachtmeister direkt hinter ihm, um einen plötzlichen Übergriff verhindern zu können. Doch anders als zunächst befürchtet, ist die Situation vor der 3. Großen Strafkammer zum Prozessauftakt geradezu entspannt.

Staatsanwaltschaft schließt eine Schuldunfähigkeit nicht aus

Das soll daran liegen, dass ihn die Ärzte der forensischen LWL-Klinik in Lippstadt, wo der Mann aus Witten derzeit untergebracht ist, auf andere Medikamente eingestellt haben. Die neuen Beruhigungsmittel schlagen bei ihm offensichtlich gut an. Insgesamt sieben Taten werden dem Beschuldigten vorgeworfen, die er im Zeitraum von Ende April bis zum 21. August vergangenen Jahres in Witten und im Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke begangen haben soll. Die Vorfälle sind nicht in einer Anklageschrift, sondern in einer sogenannten „Antragsschrift“ aufgelistet. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft eine Schuldunfähigkeit nicht ausschließt: Denn aufgrund einer krankhaften seelischen Störung konnte der Beschuldigte das Unrecht seiner Taten nicht einsehen.

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So hätte er sich am 25. April vergangen Jahres in der Wohnung seiner Mutter an der Siepenstraße (Bommern) aufgehalten und aus der Küche ein etwa 20 Zentimeter langes Messer geholt. Damit soll er einen Schlag angedeutet und geäußert haben, dass er sie töten wolle. Dann, so der Vorwurf, schubste er seine Mutter zu Boden, holte mit dem Messer nach hinten aus und rief: „Eines Tages bringe ich dich um.“

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Eine Begegnung mit zwei Brüdern am Abend des 4. Juli vergangenen Jahres auf dem Bommerfelder Ring sei ebenfalls aus dem Ruder gelaufen: mit dem abgebrochenen Hals einer Glasflasche versuchte der Wittener mehrfach nach ihnen zu schlagen. Als die beiden Männer den Beschuldigten festhalten wollten, sei es zu einem Handgemenge gekommen, bei dem alle drei hinfielen. Ein weiterer aggressiver Angriff, diesmal vor dem Edeka-Markt in Bommern, wird dem 29-Jährigen ebenfalls zur Last gelegt: In diesem Fall soll er mit seiner rechten Faust auf den Kopf eines Passanten eingeschlagen haben.

Patienten mit Schuhen ins Gesicht getreten

Verteidiger Ingo Kramer (Herdecke): „Zu weiteren vier Vorfällen soll es während des Aufenthalts meines Mandanten in der psychiatrischen Abteilung des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke gekommen sein. So sei er in das Bett eines Mitpatienten gesprungen und habe diesen mit Schuhen ins Gesicht und in den Bauch getreten. Als ihn zwei Pfleger vom Bett rissen, hielt er eine spitze Porzellanscherbe in seiner Hand.“ Ein Würgeangriff gegen einen Mitpatienten im Speisesaal, Schnittverletzungen am Ohr und Faustschläge ins Gesicht eines Pflegers lauten weitere Vorwürfe. Aufgrund einer undifferenzierten Schizophrenie könnte der Beschuldigte in allen Fällen als schuldunfähig eingestuft werden. Ein Sachverständiger soll dazu ein Gutachten erstatten.

Die Staatsanwaltschaft hält den Wittener für allgemeingefährlich und will beantragen, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Für das Einweisungsverfahren sind sechs Verhandlungstage anberaumt worden, eine Entscheidung ist erst für Anfang Mai vorgesehen.