Witten. Weil die Auftragslage rückläufig ist, stellt das Wittener Werk auf Vier-Tage-Woche um. Denn die Krise der Windkraftindustrie hält an.
Der angekündigte stürmischen Ausbau der Windkraft an Land und auf See schlägt sich nicht in den Auftragsbüchern der Windkraftanlagenbauer nieder. Von dieser Flaute ist auch das ZF-Werk in Witten betroffen. Ab März gilt in den Hallen an der Mannesmannstraße Kurzarbeit. Der Betrieb stellt auf eine Vier-Tage-Woche mit produktionsfreiem Freitag um.
In einzelnen Teilbereichen wurde bereits seit Wochen Kurzarbeit angewandt. Von März an wird sie auf den gesamten Standort mit seinen 600 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ausgeweitet, so der Konzern in einer Mitteilung. ZF hat die Belegschaft darüber in einer Betriebsversammlung informiert.
Krise trotz Ökostrom-Offensive
Der Technologiekonzern begründet diese Entscheidung mit der „deutlich schwächeren Geschäftsentwicklung in der Produktion von Getrieben für Windkraftanlagen sowie der Abschwächung in der Produktion von Industriegetrieben“. Seit mehreren Jahren schwächelt die Branche. Wie passen die europaweit politisch gewollte und verkündete Ökostrom-Offensive und die Krise der Windkraftbauer zusammen?
„Politische Zielvorgaben sind eben noch keine Aufträge“, sagt dazu Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer beim Fachverband VDMA Power Systems, dem Portal „Energiewende“. Den Herstellern fehlen konkrete Ordereingänge, die ihre Produktionsstätten auslasten würden.
Zwei Werksschließungen in NRW
Der weltweit tätige Technologiekonzern ZF liefert Systeme für die Mobilität von Pkw, Nutzfahrzeugen und Industrietechnik - und befindet sich wegen der Umstellung auf E-Mobilität im Umbruch. Ende des Jahres will ZF sein Werk in Gelsenkirchen schließen, das Lenkungen für Autos und Nutzfahrzeuge baut. 2025 soll außerdem ein Stoßdämpferwerk in Eitorf den Dienst beenden. Beide Standorte schreiben seit langem Verluste.
Im Jahr 2022 hat ZF mit weltweit rund 165.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 43,8 Milliarden Euro erzielt. Das Unternehmen ist an 168 Produktionsstandorten in 32 Ländern vertreten.
„Es hakt an den Genehmigungsverfahren“, so ZF-Sprecher Gernot Hein. Die vielen Anwohnerproteste und Einsprüche vor Gerichten führten dazu, dass Windparks nicht wie benötigt umgesetzt würden. „Wir Hersteller und Zulieferer sind bereit, es bräuchte ein Machtwort des Staates.“
Dabei war man bei ZF in Witten längst mehrgleisig gefahren. Bestrebungen, die Auslastung des Werks durch die Verlagerung von Komponenten von anderen ZF-Standorten nach Witten zu erhöhen, konnten diese Rückgänge bisher aber nicht auffangen.
ZF möchte Komponentenfertigung nach Witten verlagern
Ursprünglich stand das Werk in Witten auf drei Säulen. Erstens: Die Produktion von Industriegetrieben für verschiedenste Anwendungen wie etwa Tunnelbohrmaschinen, Seilbahnen oder Schredderanlagen. Zweitens Servicetätigkeiten für Windkraftgetriebe. Und drittens die Produktion von „8-MW-Getrieben“ für Windkraftanlagen. Bedingt durch das Auslaufen von Kundenaufträgen, ist die Produktion dieser „8-MW-Getriebe“ zwischenzeitlich eingestellt worden.
Um diese nun fehlende Produktion auszugleichen und die Beschäftigung am hiesigen Standort weiterhin zu sichern, arbeitet ZF derzeit daran, alle Serviceaktivitäten für Windkraftgetriebe in Europa in Witten zu bündeln und auch die Komponentenfertigung für Offshore-Windkraftanlagen auszubauen.
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„Die Aufträge in diesem Bereich entwickelten sich allerdings nicht wie geplant. Dies gilt auch für den Umsatz im Servicegeschäft“, so Gernot Hein. Das Geschäft mit Industriegetrieben sei ebenfalls rückläufig, so dass die „Produktionskapazitäten bis auf Weiteres über die Nutzung von Kurzarbeit angepasst werden“.
Erst 2020 hat sich das Getriebewerk von rund 100 Mitarbeitern getrennt. Außerdem wurden rund 110 Zeitarbeitsverträge nicht verlängert. Eine weitere Verkleinerung der Belegschaft hatte der Wittener Geschäftsführer Reiner Viebahn 2023 ausgeschlossen. „Wir müssen jetzt eine Durststrecke überstehen“, sagte er - damals in der Hoffnung, dass 2024 der Markt wieder anzieht.
In Witten und im EN-Kreis hat schon lange keine Firma mehr Kurzarbeit angekündigt. „Nach Corona ist die Kurve total abgeflacht“, so Ulrich Bauer von der für Witten zuständigen Agentur für Arbeit. „Konjunkturell haben wir keinen Anlass zur Sorge.“ Im gesamten EN-Kreis waren im Februar nur 296 Personen aus 20 Betrieben in Kurzarbeit. Diese Zahl dürfte sich im März nun erhöhen.
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