Witten. Kaum ein Bus ist am Freitag unterwegs. Trotzdem müssen Wittener zur Arbeit, etwa in den Nachbarstädten. Elterntaxis ersetzen den Schulbusverkehr.

Es ist kalt und Marina klammert sich an ihren heißen Kaffeebecher. Trotz des ganztägigen Verdi-Streiks hofft die 36-Jährige an diesem Freitagmorgen, mit dem Bus nach Bochum zu kommen. Sie muss zur Arbeit bei der Knappschaft, der Rentenversicherung. Ihr Plan: „Mit dem 376 E zur Ruhr-Uni und von da aus weiter mit der U-Bahn in die Innenstadt.“ Doch diese Rechnung dürfte nicht aufgehen.

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Busse und Straßenbahnen der Bogestra werden ebenso wie die Fahrzeuge der Verkehrsgesellschaft Ennepe Ruhr an diesem 2. Februar bestreikt. Deshalb kommt der ÖPNV in Witten, Bochum und anderen Städten weitestgehend zum Erliegen - mit Ausnahme der Züge, die ja seit Montag wieder rollen. Aber selbst als Bahnfahrer hat man unter Umständen ein Problem.

Auch am ZOB war wegen des Streiks nicht viel los. Einige Wittener versuchten, auf dem Plan noch eine Verbindung zu finden.
Auch am ZOB war wegen des Streiks nicht viel los. Einige Wittener versuchten, auf dem Plan noch eine Verbindung zu finden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Ich bin in Witten gestrandet“, sagt Elisa, die gerade mit dem Zug aus Iserlohn gekommen ist und jetzt auf den SB 38 wartet, den Schnellbus nach Hattingen. Der ist aber schon eine halbe Stunde zu spät. Die 36-Jährige muss zur Logopädieschule nach Hattingen. „In der App steht noch, dass er kommt“, sagt die junge Frau frustriert.

„Zur Not fahr ich mit dem Taxi“, meint Marina, die zur Knappschaft nach Bochum will. „Oder ich nehme den Schienenersatzverkehr.“ Letzteres dürfte die wahrscheinlichste Variante an diesem kalten Morgen sein. Um 8.10 Uhr kommt der lange Ziehharmonika-Bus tatsächlich um die Ecke geschossen. Er ersetzt seit Wochen den RE 16, den Regionalexpress der Bahn, auf der Strecke zwischen Witten, Bochum und Essen.

Pendler aus Witten kommen nicht pünktlich zur Arbeit

Die Menschen, die nicht aufs Auto ausweichen können, wissen teilweise nicht, wie sie nun zur Arbeit kommen sollen. Und das ausgerechnet am ersten Tag! Sonja fängt an diesem Freitag als Security in einem Asylbewerberheim in Hattingen an. Die blaue Uniform hat sie schon angezogen - fehlt nur noch der Bus. Ihr Chef hat ihr empfohlen, ein Taxi zu nehmen. „Aber wer bezahlt mir das?“ fragt sich die 47-Jährige. „Ich hab nur zehn Euro in der Tasche.“

Der Bumerang, die Haltestelle am Wittener Rathaus, war am Freitag (2.2.) wie leergefegt.
Der Bumerang, die Haltestelle am Wittener Rathaus, war am Freitag (2.2.) wie leergefegt. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bei den Schülern steht an diesem Morgen einmal mehr das Elterntaxi hoch im Kurs. Nele (14), Henny (13) und Marta (14) sind damit aus Herbede gekommen. Normalerweise nehmen sie den E 79, also den Schulbus, zur Haltestelle „Rathaus“, um dann die paar Meter zum Ruhr-Gymnasium zu laufen. Nun ist die erste Stunde sowieso ausgefallen. Der Streik macht auch vor Lehrern nicht halt...

Auf den Straßen ist abe roffenbar nicht viel mehr los als sonst. „Ich komme sogar besser durch, weil keine Busse fahren“, sagt Susanne (62), die mit ihrem Wagen am Kornmarkt auf Fahrgäste wartet. Der Verdi-Warnstreik soll noch bis Mitternacht andauern. Zum Glück ist es trocken, sogar die Sonne kommt raus. Roberto (16), der am ZOB auf einen Bus zum Berufskolleg an der Husemannstraße wartete, hat sich offenbar irgendwann doch noch entschieden zu laufen.

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Das Verständnis für den Streik hält sich nach den vielen Ausfällen in den letzten Wochen in Grenzen. Sonja, die Sicherheitskraft, die nach Hattingen muss, sagt: „Wenn immer alle pünktlich wären, könnten sie es sich ja erlauben.“ Besonders gemein: Offenbar hat die elektronische Anzeigentafel am ZOB noch nicht mitbekommen, dass gestreikt wird. Dort sind noch sämtliche Busse mit Abfahrzeiten aufgeführt. Es kommt nur keiner.