Witten/Wetter/Ennepetal. Mammutaufgabe fürs Tierheim Witten: Es muss einen Klein-Zoo unterbringen und versorgen. Darunter einige Exoten. Hoffen auf schnelle Vermittlung.
Dass Hunde, Katzen oder Kaninchen aus schlechter Haltung konfisziert werden müssen, ist das Team vom Tierheim Witten/Wetter/Herdecke gewöhnt. Am Dienstag (9.1.) wurden die Mitarbeiter aber zu einer Sicherstellung gerufen, die alles bisher Dagewesene sprengt. Ein Mann aus Ennepetal hat einen ganzen Zoo in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gehalten. Unter den 44 Tieren sind auch einige Exoten.
Das Tierheim ist mit dieser Sicherstellung schnell an die Öffentlichkeit gegangen, weil es große Probleme hat, die Tiere artgerecht zu versorgen. „Wir sind ein Heimtier-Tierheim“, sagt Wiebke Blomberg, Vorstandsvorsitzende des Tierheims Witten, Wetter, Herdecke. „Aber wir sind natürlich auch erst einmal überfragt, wie man Sugarglider oder Axolotls artgerecht versorgt.“
Huskywelpen sind elf Wochen alt
Im Tierheim an der Wetterstraße „stapeln“ sich nun Terrarien, Käfige oder Aquarien mit folgenden enteigneten Tieren: zwei Kornnattern, acht Axolotls (mexikanische Schwanzlurche), vier Wellensittiche, zwei Farbmäuse, zwei Kaninchen, neun Wüstenrennmäuse, ein Streifenhörnchen, vier Sugar Glider (australische Flughörnchen), ein Graupapagei. Dazu kommen eine Katze und zehn Hunde. Das sind vier elf Wochen alte Huskywelpen samt Muttertier, drei Golden Retriever, ein Chihuahua und ein chinesischer Schopfhund.
Das Kreisveterinäramt hatte den Hinweis eines Bürgers aus Ennepetal bekommen. Die Mitarbeiter haben daraufhin den Tierhalter in seiner Eigentumswohnung aufgesucht „und erhebliche hygienische Mängel festgestellt“, so Kreissprecher Ingo Niemann. „Zudem waren Gesundheits- und Ernährungszustand vor allem der Hunde mangelhaft.“ Der den vier Husky-Welpen zur Verfügung stehende Bereich sei zum Beispiel völlig ungeeignet und hochgradig unhygienisch gewesen. Das Veterinäramt des Ennepe-Ruhr-Kreises prüft jetzt, ob ein unbefristetes Tierhalte- und Betreuungsverbot angeordnet werden kann.
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Viele der Tiere wirken in gutem Zustand. Doch der Eindruck trüge, weiß Wiebke Blomberg. „Der Graupapagei hat zum Beispiel jegliche Federn verloren. Den bringen wir heute erst einmal zum Tierarzt.“ Die Huskymutter wiege nur noch 14 Kilo, „sie ist total unterernährt“. Auch die Axolotls sehen nicht gut aus. Normalerweise sind die Lurche etwa so groß wie Frösche, diese acht seien aber so dünn, dass man sie leicht für Fische halten könnte.
Tierheim muss Ausstattung kaufen
Das Tierheim steht jetzt vor einer Mammutaufgabe. Natürlich sollen die Tiere so schnell wie möglich vermittelt werden, für die Kornnattern gebe es sogar schon einen Interessenten. Aber noch muss man die 44 Neuzugänge in der eh schon vollen Einrichtung an der Wetterstraße irgendwie unterbringen. „Wir sind gerade dabei, ganz viel Ausrüstung einzukaufen, etwa für die Terrarien“, sagt die Vereinsvorsitzende.
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Überhaupt, war der Einsatz am Dienstag schon aufregend genug. Erst und nach und nach wurde deutlich, wie viele Tiere überhaupt in der Wohnung lebten. Allein für die Hunde waren zehn Transportboxen nötig, die mit einem Lkw transportiert wurden. Wie viele Parteien in dem Haus wohnen und warum die falsche Haltung der Tiere, etwa mit den großen Hunden, nicht früher aufgefallen ist, konnte der Kreis nicht sagen.
Ist es überhaupt erlaubt, einen solchen Zoo in seiner Wohnung zu halten? Der Papagei und die Streifenhörnchen hätten nach Bundesartenschutzverordnung angemeldet sein müssen, was nicht der Fall war, so Kreissprecher Niemann. Ausschlaggebend für das Einschreiten des Veterinäramts seien aber die hygienischen Umstände in der Wohnung gewesen. Die Hundewelpen etwa seien bis zum Bauch schmutzig gewesen. Auf jeden Fall erhalte die Person einen Kostenbescheid, sobald feststeht, wie hoch die Kosten für die Unterbringung und die tierärztlichen Behandlungen der Tiere sind. Wie der oder die Halter auf die Beschlagnahme reagiert haben, ist nicht bekannt.
Für das Tierheim Witten/Wetter/Herdecke gab es in den letzten Monaten viele Sicherstellungen. Traurige Berühmtheit erlangte der Schäferhund Dries aus Hattingen, der so schwer von seinem Besitzer misshandelt worden war, dass er notoperiert werden musste. Tierheimleiterin Kirsten Simon: „In der letzten Zeit waren wirklich einige Fälle dabei, die auch uns Profis an unsere Grenzen und den Rand unserer Kräfte gebracht haben.“
Info:
>>> Wer ernsthaftes Interesse an einem der 44 Ennepetaler Tiere hat, kann sich im Tierheim melden: 02302 64450.
Tierheim Witten rettet 44 Tiere
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