Witten. Zu teuer, zu herausfordernd: Die Durchfallquote bei den Führerscheinprüfungen ist 2023 gestiegen. Zwei Fahrlehrer aus Witten geben Erklärungen.
Der Führerschein wird zum Problemkind, denn immer mehr Prüflinge verzweifeln am Lappen. Im Jahr 2023 hat die Durchfallquote bei den praktischen und theoretischen Führerscheinprüfungen ein neues Hoch erreicht. Dies geht aus einer Umfrage des ADAC hervor. Wer länger braucht, muss mehr zahlen, laut ADAC kommen Fahrschüler inzwischen auf 3000 bis 4500 Euro für die Fahrerlaubnis. Aber woran liegt das? Wir haben uns bei Fahrlehrern in Witten umgehört.
„Die Preise sind zum Teil sehr hoch“, erklärt Friedrich Zanke. Er betreibt seit über 50 Jahren ein Fahrschulunternehmen in Witten, mit zwei Standorten an der Ardeystraße und der Annenstraße. So schlage die Inflation durch. Für die Fahrschulen seien die Unterhaltskosten – etwa durch die Gaspreise – gestiegen oder auch die Anschaffungskosten, etwa für Elektroautos. „Die Prüflinge sollen immer auf dem neusten technischen Stand sein. Unweigerlich müssen wir mit den erhöhten Preisen einfach mitziehen“, erklärt der Fahrschullehrer.
Dieser Meinung schließt sich auch der Fahrlehrer Stefan Schröder an. „Die Preise mussten zwangsläufig angepasst werden, da die Finanzierungen sowie die Betriebs- und Versicherungskosten für die Mitarbeiter einfach steigen. Die vermittelte Expertise muss auch ausreichend entlohnt werden“, so der Fahrlehrer, der seit 1997 eine Fahrschule in der Oberstraße betreibt.
Fahrlehrer: Junge Leute müssen Zeit und Talent mitbringen
„Bei jungen Leuten spielt auch die Motivation eine große Rolle“, erklärt Stefan Schröder. So sei der Faktor der Zeit nicht zu unterschätzen. Da das Durchschnittsalter 15-20 Jahre beträgt, seien viele der Prüflinge von ihrer schulischen Ausbildung abgelenkt. Demnach passen Fahrschulen aber die Prüfungsbedingungen den Lebensumständen der heutigen Generation an, berichtet Stefan Schröder. „Für den Führerschein muss man sowohl Zeit als auch Talent mitbringen. Man muss den Leuten nur ein ansprechendes Angebot machen.“
+++Keine Nachrichten aus Witten mehr verpassen: Hier geht’s zu unserem kostenlosen Newsletter+++
Deshalb bietet die Fahrschule „Stefan Schröder driving school“ beispielsweise einen Fahrsimulator an. An ihm können sich junge Prüflinge mit der Praxis eines echten Kraftfahrzeuges vertraut machen. Schröder: „Hier besteht die Möglichkeit, sich in aller Ruhe auszuprobieren. Dies ist eine große Erleichterung für alle Menschen, die Berührungsängste haben. Es geht vor allem darum, praktische Handlungsabläufe zu verinnerlichen.“
Was muss sich ändern?
Friedrich Zanke beschreibt die Prüfungsanforderungen als ein „Power-Programm“. Sicherlich ist nach seiner Ansicht die Auffassungsgabe der Jugend aufgrund von Social-Media-Einflüssen wie „Instagram“ und „TikTok“ eingeschränkter, dennoch sei eine praktische Prüfungsdauer von rund 55 Minuten unverhältnismäßig: „Ab diesem Zeitpunkt sucht man auch nur nach Gründen, jemanden durchfallen zu lassen“, kritisiert der Fahrschullehrer. Auch für Stefan Schröder sind die Prüfungsentscheidungen des TÜVs nicht nachvollziehbar. Laut ihm braucht ein Sachverständiger nicht knapp eine Stunde, um festzustellen, ob eine Fahrerlaubnisprüfung zum Erfolg führt oder nicht.
Lesen Sie auch:
- KI-Revolution in der Fahrschule: Wird so der Führerschein billiger?
- Fahrschüler in Witten müssen auf Führerscheinprüfung warten
- Wie ein Fahrschulunternehmen aus NRW die Coronakrise nutzt
Auch bei der Theorieprüfung ist der Fragenkatalog deutlich gewachsen, teils hochkomplexe Verkehrssituationen müssen erfasst und richtig gedeutet werden. Mit höheren Anforderungen würden auch Betrugsversuche zunehmen. Dies sei aber auf den erhöhten Druck zurückzuführen, mit den eingeschränkten finanziellen Mitteln bestehen zu wollen.
Friedrich Zanke und Stefan Schröder wünschen sich vor allem eines: Entlastung für Fahrschulen und Prüflinge. Das könnte eine bessere Unterstützung seitens des Staates sein oder mehrere Prüforganisationen, um den Prüflingen mehr Ausbildungsoptionen zu bieten. Dennoch: Die Motivation von Zanke und Schröder bleibt ungebrochen.
Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.