Witten. Die heftige Sprengung des Geldautomaten der Deutschen Bank in Witten hallt nach. Denn es zeigt sich: Sicherheitskonzepte haben nicht gegriffen.
Die vielen Scherben rund um die Deutsche Bank an der Wideystraße in Witten sind längst zusammengekehrt. In der Rechtsanwaltskanzlei im Obergeschoss läuft der Betrieb weiter, die Bankfiliale im Erdgeschoss wird noch lange geschlossen bleiben. Die immense Sprengung des Geldautomaten am Donnerstagmorgen hallt nach: Warum hielt die nachts verschlossene Tür die Täter nicht ab? Und warum schlugen sie in der dicht besiedelten City zu?
Die Deutsche Bank selbst gibt keine Infos heraus, „aus gutem Grund“, betont ein Sprecher. „Wir werden vor Ort gucken und im Interesse der Kunden entscheiden, wie es weitergeht.“ Im Internet wird die Filiale als „vorübergehend geschlossen“ ausgewiesen. Wohin die Wittener Kunden sich wenden können, wann das Geldinstitut seine einzige Wittener Niederlassung wieder öffnet, ob es sein Sicherheitskonzept ändert – all das wird nicht beantwortet. Die Filiale war nach 2020 zum zweiten Mal von einer Sprengung betroffen. Die Annener Filiale an der Annenstraße wurde nach einem Anschlag 2018 aufgegeben.
Täter wählen gezielt Geldautomaten-Typ
Warum haben die Täter diesmal einen Geldautomaten in der Innenstadt – und eine Fluchtroute über die Wideystraße durch die Baustelle am Karl-Marx-Platz gewählt? In jüngster Vergangenheit waren in Witten eher Standorte betroffen, die in den Vororten, oft autobahnnah liegen – etwa im September 2022 die Volksbank in Stockum oder im Mai 2023 in Heven sowie der Sparkassen-Automat im Januar 2022 im Hammertal. „Die Täter entscheiden nicht nach Lage der Filiale, sondern nach Art des Geldautomaten“, erklärt Gunnar Wortmann, Sprecher des Polizeipräsidiums Dortmund, das die Ermittlungen übernommen hat. „Wir gehen davon aus, dass die Leute den Automaten, den sie aufsprengen, sehr gut kennen. Die Geräte werden zielgerichtet ausgesucht.“
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Alle Wittener Banken öffnen nachts nicht mehr die Türen zu ihren Geldautomaten – bislang wurde dies auch als Sicherheitsmaßnahme gegen Automatensprengungen erklärt. Die Sparkasse hatte im Februar als letztes Geldinstitut entschieden, nachts abzuriegeln. Die Deutsche Bank macht schon länger die Türen zum Foyer mit dem Geldautomaten von 0 bis 6 Uhr dicht – abgeschreckt hat das die Täter um halb zwei Uhr am Donnerstagmorgen kein Stück.
„Die Tür wurde mit Gewalt aufgebrochen, mit entsprechendem Einbruchswerkzeug“, so Wortmann. Für die professionellen Kriminellen sei eine verschlossene Tür „kein großes Hindernis“. Danach kam es zur Sprengung des Automaten, der sich einige Meter weiter, im Foyer der Filiale, befand. Dazu nutzen die Täter selbstgebaute Sprengsätze. Den „Knall“ am Donnerstagmorgen haben Anwohner als besonders laut empfunden. „Einen Trend zu heftigeren Explosionen stellen wir nicht fest. Die fallen jedes Mal anders aus“, so der Polizeibeamte.
Manche Bankautomaten färben Geld ein
Zehnte Geldautomaten-Sprengung in sieben Jahren
Die Chronologie der Ereignisse: Zum ersten Mal wurde ein Geldautomat in Witten am 29.11.2016 gesprengt, an der Aral-Tankstelle in Herbede. Weitere Taten: Am 1.6.2016 in der Sparkasse an der Karl-Legien-Straße in Vormholz, am 5.12.2017 an der Alfred-Herrhausen-Straße (Sparkasse), am 29.3.2018 an der Annenstraße (Deutsche Bank), am 4.4.2019 an der Dortmunder Straße (Sparkasse), am 7.3.2020 an der Wideystraße (Deutsche Bank).
In jüngster Vergangenheit gab es Anschläge am 17.1.2022 (Versuch) im Hammertal bei der Sparkasse, am 23.9.2022 an der Hörder Straße (Volksbank) und am 29.5.2023 in Heven (ebenfalls Volksbank). Am 16.11.2023 rummste es nun im Foyer der Deutschen Bank an der Wideystraße.
Ob – und wie viel – Geld erbeutet wurde, verrät die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. Einige Banken in Witten haben bereits damit begonnen, es den Tätern schwerer zu machen, indem zum Beispiel das Geld in den Automaten nach einer Explosion verklebt oder gefärbt wird. Die Volksbank Bochum-Witten hat einen „fünfstelligen Betrag“ investiert und die Kassetten ihrer Geldautomaten umgerüstet. Diese Methode hat in den Niederlanden und Frankreich zu einem deutlichen Rückgang der Geldautomaten-Sprengungen geführt. Ob die Automaten der Deutschen Bank das Geld einfärben – auch das ist nicht bekannt.