Witten. In Witten werden Grenzwerte für Nickel besonders oft überschritten. Der Stoff wird von DEW ausgestoßen. Das Landesamt fordert Verbesserungen.

Rund um große Industrieanlagen ist die Luftverschmutzung in NRW weiterhin hoch. Das geht aus einem Bericht des Landesumweltministeriums hervor. Auch Witten bildet da keine Ausnahme. Hier wurde etwa der Immissionswert für Nickel-Ablagerungen besonders häufig überschritten. Der Stoff gelangt durch die Deutschen Edelstahlwerke in die Luft. Auch das giftige Schwermetall Cadmium wurde 2022 in zu großen Mengen in der Wittener Umwelt gemessen.

Seit 2004 kontrolliert das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) regelmäßig den Staubniederschlag in Witten. Bis 2008 noch an sechs, jetzt nur noch an vier Messpunkten. Diese sind um das Gelände der Deutschen Edelstahlwerke herum positioniert, da „die Firma DEW die einzige in der Ortslage Witten bekannte relevante Quelle für Staubniederschlag beziehungsweise der darin enthaltenen metallischen Inhaltsstoffe ist“, wie das Landesamt auf Nachfrage mitteilt.

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Grenzwert von Nickel wird in Witten regelmäßig überschritten

Der Grenzwert für Cadmium wurde in Witten nach Angaben des LANUV seit 2004 noch nie überschritten – mit Ausnahme eines besonders hohen Messwertes an einer der vier Messstellen im Oktober 2022. Die Immissionen stammen laut LANUV nicht von der DEW, da Cadmium bei der Produktion von Edelstahl von keiner Relevanz sei. Bei einer einmaligen Überschreitung sei eine Ursachenforschung im Nachhinein schwierig, so eine Sprecherin. Eine mögliche Ursache könne etwa eine größere Baustelle sein. So wie die an der Bergerstraße gegenüber vom Busbahnhof, wo die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte ihr neues Verwaltungsgebäude errichtet hat.

Gesundheitliche Gefahr bei Verzehr

Eine unmittelbare Gefahr geht von den untersuchten groben Staubpartikeln nicht aus, weil sie nicht – wie Feinstaub – direkt in die Lunge eindringen. Das gilt auch für Nickel. Die Teilchen setzen sich aber auf Oberflächen wie Boden, Pflanzen, Gebäude und Gewässern ab. Sie können die Gesundheit indirekt beeinflussen, wenn Gemüse, Früchte oder Futtermittel verzehrt werden oder wenn Kinder verunreinigte Erde in den Mund nehmen.

Die vier Messstationen sind einfache, oben offene Kunststoffbehälter, sogenannte Bergerhoff-Sammelgefäße. Eines steht in der Nähe des Kreisels am Ruhrdeich, eine weitere Messstation an der Sprockhöveler Straße kurz vor der dortigen Aral-Tankstelle. Gemessen wird auch zwischen Parkhotel und Haus Witten und an der Bergerstraße ganz in der Nähe des Hauptbahnhofes.

Regelmäßig überschritten wird aber an allen Messstationen der Grenzwert für Nickel – schon seit Jahren. Dieser liegt bei 15 Mikrogramm pro Quadratmeter und Tag. Die durchschnittlichen Messwerte an den Wittener Stationen überstiegen diesen Wert 2022 deutlich (35/ 37,1/ 71,1/95,9). Zudem liegen sie laut LANUV auf einem höheren Niveau als im Vorjahr. Zum weiteren Vergleich: 2017 betrugen die gemessenen Mittelwerte für Nickel rund um DEW 17,3/18,1/35,8/74,4.

DEW weist Zusammenhang von sich

Auf Nachfrage wiesen die Edelstahlwerke einen Zusammenhang mit ihnen aber zurück: „Die langfristigen Messungen des LANUV und der dabei ermittelten Emissionen im Staubniederschlag bezogen auf Nickel konnten bislang keine Zusammenhänge mit unserem Produktmix, dem Nickeleinsatz und dem Staub feststellen.“ Diese Aussage steht im Gegensatz zur Ansicht des Ministeriums. Die Nickel-Emissionen seien „zweifelsfrei mit dem DEW-Anlagenbetrieb assoziiert und werden regelmäßig zwischen der Bezirksregierung Arnsberg und der Firma DEW thematisiert“, schreibt das Landesamt unserer Redaktion

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Konkret sei das Unternehmen aufgefordert, entsprechende Optimierungen an seinen Anlagen vorzunehmen und insbesondere das Material-Handling im Werk noch weiter zu verbessern. Bereits im Zuge des Sommerstillstands 2022 seien im Bereich der Schlacke-Behandlung entsprechende Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt worden, so das Ministerium. Um die Emissionen zu mindern, spielten aber ebenso die regelmäßige Reinigung der Fahrwege auf dem Werksgelände eine Rolle.

DEW hat seit 2012 eine Staubfilteranlage in Betrieb

DEW selbst verweist im Zuge seiner Antwort auf unsere Anfrage zudem auf eine 2012 in Betrieb genommene Staubfilteranlage, die 2014 erweitert wurde. „Mit dieser Anlage werden die Stäube direkt an jeder Entstehungsstelle abgesaugt“, schreibt das Unternehmen. Die Optimierung der Entstaubungsanlage sei ein permanenter Prozess, ebenso wie bei der Schlacke-Behandlung. So sind etwa vorhandene Überdachungen vergrößert oder die Zugabe von Kühlwasser optimiert worden.

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Das Landesamt verweist ebenso auf die laufenden Verbesserungsmaßnahmen bei DEW, die auch schon Wirkung gezeigt hätten: So sei die allgemeine Großstaubbelastung rund um die Anlage im zurückliegenden Jahr 2022 sowie im bisherigen Jahr 2023 insgesamt unauffällig. Auch liegen sie auf einem insgesamt sehr niedrigen Niveau. Gemeint ist hier der allgemeine Staubniederschlag, also die Summe der vom LANUV erfassten Schadstoffe. Dazu zählen neben Nickel und Cadmium auch Blei, Arsen, Nickel, Thallium und Quecksilber.

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